Süddeutsche Zeitung

József Szájer:Bigotte Party

Man darf sehr kritisch nachhaken, wenn der ungarische EU-Abgeordnete József Szájer behauptet, sein "Fehltritt" sei "rein privater" Natur.

Von Tobias Zick

Häme ist selbstverständlich unangebracht, wenn ein ungarischer EU-Abgeordneter aus einer Brüsseler Wohnung durchs Fenster und entlang der Regenrinne vor der belgischen Polizei flüchtet und sich dabei Verletzungen an den Händen zuzieht; wenn er zuvor im Inneren jener Wohnung an einer Party mit etwa 20 weiteren, un- oder leicht bekleideten Männern teilgenommen hat - während aufgrund der Corona-Beschränkungen des Gastlandes nur der enge Kontakt zu einer einzigen Person erlaubt ist, unabhängig vom Bekleidungsstatus; und wenn er sich anschließend öffentlich wundert, wer ihm die Ecstasy-Pille untergejubelt haben könnte, die die Beamten in seinem Rucksack finden.

Nein, man sollte József Szájer wegen dieser Verkettung wahrlich ungünstiger Umstände nicht verspotten. Man darf aber sehr kritisch nachhaken, wenn er behauptet, dieser "Fehltritt" sei "rein privater" Natur. Szájer, Mitgründer von Fidesz und Vertrauter von Premier Viktor Orbán, hat die neue ungarische Verfassung vom April 2011 entworfen, die gleichgeschlechtliche Ehen ausschließt und die Basis für eine Reihe erzkonservativer und homophob gefärbter Gesetze bildet.

Man mag es den ungarischen Oppositionellen nachsehen, wenn sie teils noch unschlüssig sind, ob sie so viel Bigotterie eher zum Lachen oder zum Weinen finden.

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