Süddeutsche Zeitung

Alternative für Deutschland:Im Feindesland

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen wollte seine Partei mäßigen. Doch dafür war es schon viel zu spät.

Kommentar von Jens Schneider

Bald ist also wieder einer weg bei der AfD, zumindest weg von der Spitze. Lange Zeit erschien Jörg Meuthen für seine Partei wie der ideale Vorsitzende. Er verkörperte die Janusköpfigkeit der Rechtsaußen-Partei, die er sechs Jahre führte. Er stand exemplarisch für ihre Methode, sich anständig und bürgerlich zu geben, aber für den Erfolg auf widerliche Ressentiments und üble Polemik zu setzen. Das gefiel sogar den besonders extremen Kräften in der AfD, mit denen er sich verbündete, um sich an der Spitze zu etablieren. Sie konnten unter seiner Führung Netzwerke aufbauen. Meuthen verteidigte den Extremisten Björn Höcke und huldigte dem nach rechts abgedrifteten Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland. Als er sich dem Rechtsruck doch noch entgegenstellte, war es, wie sein Rückzug nun zeigt, längst zu spät.

Man wusste bei diesem Vorsitzenden nie ganz genau, was Überzeugung und was eher Opportunismus war. Er konnte zuspitzen und polemisieren und nutzte das für seine Karriere - gegen die innerparteilichen Gegner und das, was er das "links-rot-grün-versiffte 68er-Deutschland" nannte. Und so war es ein wenig bizarr, als er vor fast zwei Jahren plötzlich einer der Gemäßigten sein wollte - eine Beschreibung, die für die maßlos rechte Partei eh ein Widerspruch in sich ist.

Tatsächlich wurden einige üble Extremisten ausgeschlossen. Aber bei jedem neuen Anlauf musste Meuthen erkennen, dass die AfD ihm nicht folgte. Teile der Partei wurden für ihn Feindesland, im kleinen Kreis der prominenten Führungsköpfe war er weitgehend isoliert. Das hat damit zu tun, dass diese Partei sich nicht führen lassen und nicht nach rechts abgrenzen will. Mit den Bundestagswahlen haben die Rechtsaußen noch Auftrieb bekommen. Nun wurde für den nächsten Parteitag ein Showdown erwartet, vielleicht der Bruch zwischen den Lagern. Aber mit Meuthens Abschied verlieren die sogenannten Gemäßigten ihre Führungsfigur. Sie stehen offenbar auf verlorenem Posten.

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