USA:Der ungeschminkte Präsident

Warum Joe Biden so lange damit gezögert hat, seine erste Pressekonferenz zu geben.

Von Hubert Wetzel

Joe Biden ist seit dem 20. Januar der Präsident der USA. An diesem Donnerstag stand seine erste formelle Pressekonferenz in seinem Terminkalender - zwei Monate und fünf Tage nach Amtsantritt. So lange haben Bidens Vorgänger die Washingtoner Journalisten nicht warten lassen.

Ist das ein Skandal? Eine Missachtung der Öffentlichkeit, gar des amerikanischen Volkes? Mitnichten. Man kann bezweifeln, dass Mrs. und Mr. Johnson - oder auch Mr. und Mr. Smith - abends am Küchentisch sitzen und sich darüber aufregen, dass Biden noch keine Pressekonferenz gegeben hat. Die Amerikaner haben andere Sorgen. Und es ist ja auch kein Geheimnis, was der Präsident bisher getan hat. Wer es wissen will, kann es wissen, und dann entscheiden, ob er es gut oder schlecht finden will.

Das Problem mit der Pressekonferenz ist ein anderes: Seit Biden seinen Wahlkampf begonnen hat, hängt über dem 78-Jährigen die Frage, ob er dem Amt gewachsen ist. Jeder öffentliche Auftritt wird unter diesem Gesichtspunkt seziert. Das ist der wahre Grund, warum Biden so lange gewartet hat, sich live und ohne Redemanuskript vor die Journalisten zu stellen. Diese Frage mag unfair sein, denn Biden hat sich in den vergangenen Wochen als sehr effektiver Präsident erwiesen. Aber es ist eine Frage, die für alle Amerikaner von Interesse ist.

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