Es war der gemeinsame Gegner, der diese Koalition zusammengebracht hat. Der Überdruss an Benjamin Netanjahu ist der Grund dafür, dass Israel seit fünf Monaten von einer sensationell wundersamen Koalition aus acht Parteien geführt wird. Von weit rechts bis links ist alles dabei, erstmals gehören ihr auch arabische Islamisten an. Was kann ein solch fragiles Anti-Netanjahu-Bündnis schon schaffen, wurde oft gefragt. Jetzt ist klar: viel.
Mit ihrer knappen Mehrheit von 61 zu 59 Stimmen hat die Koalition den Haushalt 2021 durch die Knesset gebracht. Zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren ist das einer Regierung gelungen. Unter dem Populisten Netanjahu steckte das Land fest. Jetzt versucht er in der Opposition alles, um die Regierung zu Fall zu bringen. Die Abstimmung über den Etat war seine bislang beste Chance. Er wollte rechte Koalitionsabgeordnete auf seine Seite ziehen. Er scheiterte.
Sein Nachfolger Naftali Bennett feiert das Ergebnis nicht nur deshalb zu Recht. Seine Regierung ist vorerst gefestigt, die weiteren Pläne sind vielversprechend. An das Budget für 2022, das wohl ebenfalls bald verabschiedet wird, sind Reformen geknüpft, die Israel nach den Netanjahu-Jahren vor allem wirtschaftlich weiterhelfen könnten. Und wichtiger noch: Politisch-gesellschaftliche Diskussionen werden unter dieser Regierung der Kompromisse weniger hasserfüllt geführt. Das Land ist auf dem Weg der Heilung.
Neuwahlen sind abgewendet. Und jetzt?
Doch der Erfolg garantiert noch nichts. Der Druck vor der Abstimmung war gewaltig. Wäre die Regierung gescheitert, hätte es Neuwahlen gegeben, wie schon viermal in den vergangenen zwei Jahren. Jeder in der Koalition wusste, dass Israel sich nicht schon wieder ein Interregnum leisten kann. Jetzt aber, da dieses Szenario abgewendet ist, stellt sich die Frage: Können diese so verschiedenen Partner weiter so pragmatisch zusammenarbeiten wie bisher? Der Ausgang dieses Experiments ist weiter ungewiss.