Süddeutsche Zeitung

Iran:Ein letzter Versuch

Natürlich haben die Europäer ein großes Interesse an einem Atomabkommen mit Teheran - aber nicht um jeden Preis.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Es wäre diplomatischer Irrsinn, würden die Europäer und die USA eine letzte Chance auslassen, um doch noch das Atomabkommen mit Iran zu retten. Der Deal hat seine Schwächen, und er wäre noch schwächer als zuvor, weil sich der technische Fortschritt des Nuklearprogramms in der Islamischen Republik nicht mehr rückgängig machen lässt. Dennoch wäre es besser, das nun auch offen von Vertretern des Regimes in den Raum gestellte Streben nach der Bombe mit technischen Begrenzungen und vor allem strikter Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zumindest für eine gewisse Zeit einzuhegen.

Es ist unwahrscheinlich, dass das gelingen kann, denn Iran stellt immer noch Forderungen, die nichts mit dem Atomabkommen zu tun haben, sehr wohl aber mit den nuklearen Ambitionen des klerikalen Regimes und seiner Revolutionsgarden. Es kann auf keinen Fall einen Deal geben, der die IAEA daran hindert, Hinweisen nachzugehen, dass Iran nach dem Abkommen von 2015 nicht mit offenen Karten gespielt hat und weiter Aktivitäten vertuscht, die sich schwerlich mit einem zivilen Atomprogramm erklären lassen.

Auch sollte niemand mehr das alte Spiel des Regimes mitmachen. Zu oft haben die Hardliner die Verhandlungen in die Länge gezogen und den dringenden Wunsch des Westens nach einem Abkommen ausgenutzt, um Kritik und Sanktionen in anderen Bereichen abzuwehren. Die Herausforderung durch Iran ist größer als nur das Atomprogramm. Da sind die aggressive Regionalpolitik und das Raketenprogramm der Revolutionsgarden. Beidem müssen die Europäer entschieden begegnen, denn sie bekommen jede weitere Destabilisierung der Region zu spüren. Ebenso wenig lässt sich die immer massivere Repression in Iran ignorieren: Sie richtet sich etwa gegen Kulturschaffende und findet ihren traurigen Ausdruck in einer Rekordzahl von Hinrichtungen.

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