Inflation:Den Ärmeren helfen

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Die verhältnismäßig geringe Preissteigerung im Juni täuscht. Im Herbst muss die Politik vor allem Geringverdiener unterstützen.

Kommentar von Harald Freiberger

Die Erleichterung über die Inflationsrate in Deutschland, die im Juni überraschend gesunken ist, hielt nur kurz an. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die meisten Preise weiter angezogen haben. Der Rückgang der Inflation ist zwei Maßnahmen der Bundesregierung zu verdanken: dem Neun-Euro-Ticket und dem Tankrabatt. Beides läuft im September aus, dann werden die Preise überdurchschnittlich steigen. Es ist gut möglich, dass die Inflationsrate dann mehr als zehn Prozent erreicht, eine Zahl, die einfach nur erschreckt.

Die Bundesregierung sollte jetzt den weniger Vermögenden helfen

Was kann die Politik tun, um die Folgen der Inflation für die Bevölkerung zu mildern? Gerade der Tankrabatt ist kontraproduktiv. Er hilft jenen Autofahrern am meisten, die am meisten Benzin verbrauchen. Das ist ökologisch unsinnig und sozial ungerecht: Wer einen SUV in der Garage nebst Eigenheim stehen hat, gehört zu den Gewinnern der vergangenen Jahre und kann höhere Preise selbst zahlen. Die Inflation belastet vor allem die Ärmeren, die vorher schon jeden Euro zweimal umdrehen mussten. Deshalb sollte die Bundesregierung jetzt gezielt den weniger Vermögenden helfen, zum Beispiel mit Haushaltsschecks. Auch ein Inflationsbonus, den Arbeitgeber steuerfrei auszahlen, ist eine Option. Er sollte vor allem Arbeitern mit geringem Einkommen zugutekommen. Das nähme Druck von den Tarifparteien. Hohe Lohnforderungen zum Ausgleich der Inflation heizen diese weiter an.

Die Europäische Zentralbank sollte die Zinsen stärker erhöhen als bisher angekündigt. Wenn man dem kritischen Zustand der Wirtschaft weltweit etwas Positives abgewinnen will, dann dies: Die Zinserhöhungen, die durch die hohe Inflation erzwungen werden, bedeuten die Rückkehr zu mehr Normalität in der Geldpolitik. Die vergangenen Jahre, in denen die Notenbanken jede Krise mit immer noch mehr Geld bekämpft haben, waren ein langfristig gefährlicher Zustand. Diesen Prozess zu stoppen, ist schmerzvoll, aber notwendig.

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