Pakistan:Der war mal ein Held

Pakistan: Ein Poster, das ganz gut seine Lage illustriert: Premierminister Imran Khan, zu besichtigen vor der Nationalversammlung in Islamabad.

Ein Poster, das ganz gut seine Lage illustriert: Premierminister Imran Khan, zu besichtigen vor der Nationalversammlung in Islamabad.

(Foto: Anjum Naveed/AP)

Premierminister Imran Khan wurde einst als Erlöser seines Landes gefeiert. Nach vier Jahren im Amt ist seine Bilanz mehr als dürftig. Und jetzt hat er den gefährlichsten Gegner überhaupt.

Kommentar von Arne Perras

Die pakistanische Zeitung Dawn zeigt auf ihrer Webseite seit Tagen eine Bildmontage mit Imran Khan. Zu sehen ist ein selbstzufriedener Regierungschef, der eine glitzernde Krone auf dem Kopf trägt und die Faust reckt. Darüber steht der Spruch: "Die Demokratie ist tot. Lang lebe der Premierminister."

Es macht sich Sarkasmus breit in Pakistan, angesichts der Krise, die sich von Tag zu Tag verschärft. Sie kreist um den früheren Cricket-Star, den seine Anhänger vor einigen Jahren noch als ihren Erlöser feierten. Nach vier Jahren im Amt ist Premier Khan aber weitgehend entzaubert. Und nun will er nicht einmal mehr nach den Regeln der parlamentarischen Demokratie spielen.

Khan hatte 2018 den Aufbruch versprochen, konnte seine Heilsbotschaft aber nicht einlösen. Seine Partei ist zerstritten, seine Wirtschaftsbilanz mäßig bis miserabel. Mal traf er falsche Entscheidungen, mal fehlten ihm Partner für Reformen. Fairerweise muss man sagen, dass auch die Pandemie die Verhältnisse verschlechtert hat. Nur dass Khan, in seiner Eitelkeit, die Niederlage und das eigene Versagen nicht eingestehen will. Der Premier klammert sich an die Macht, und es scheint ihm egal zu sein, was dies sein Land kostet.

Der Trick mit der Auflösung des Parlaments

Seine Mehrheit hat er längst verloren. Am vergangenen Sonntag sollte er sich einem Misstrauensvotum stellen, das er mit großer Sicherheit verloren hätte. Doch was tat Khan? Er entzog sich dem Votum mit einem Trick - indem er das Parlament auflösen ließ und Neuwahlen ankündigte. Der Supreme Court hat nun am Donnerstagabend befunden, dass es so nicht geht, einstimmig nannten die fünf Richter Khans Manöver "illegal". Eine mutige und gute Entscheidung für das Land, das Misstrauensvotum soll nun am Samstag stattfinden. Nun ist es sehr unwahrscheinlich, dass Khan sich noch lange im Amt halten wird.

Aber das politische Klima ist aufgeheizt, und Khan hat, auf unverantwortliche Weise, große Unsicherheit gesät. Er behauptet, dass er einer westlichen Verschwörung ausgesetzt sei, die zum Ziel habe, ihn zu stürzen. Nachvollziehbar belegen will er die Vorwürfe nicht, sondern macht ein großes Geheimnis daraus. So schürt er den Anti-Amerikanismus, der populär ist. Offenbar wollte Khan auf dieser Welle reiten und sich als jene Kraft empfehlen, die den Stolz der Nation verteidigt. Ohne Beweise für seine Vorwürfe bleibt der Eindruck, dass Khan Stimmung macht, um Stimmen zu fangen. Ob und wann es nun Neuwahlen geben wird, ist offen.

Die Krise, die Khan herbeigeführt hat, ist Gift in einem Staat mit 220 Millionen Menschen, der nahezu bankrott ist und dringend eine handlungsfähige Regierung bräuchte, um den Kollaps abzuwenden. Stattdessen zeigt sich nun auch ein offener Bruch zwischen Khan und dem Militär. Weder stützt es Khans Vorwurf einer westlichen Verschwörung, noch findet es die Haltung des Premiers zu Putins Krieg gut. Der Armeechef hat jüngst Russlands Aggression in der Ukraine gegeißelt - und sich damit klar gegen den Premier gestellt. Der wollte Russland bislang nicht kritisieren. Khan war am Tag der Invasion sogar in Moskau, von seinem Gastgeber hat er sich seither nicht distanziert.

Kein pakistanischer Premier war je mächtig genug, um auf Dauer gegen die Armee zu regieren. Alle mussten sich mit dem sogenannten Establishment arrangieren. Das Militär ist ein Staat im Staat und wacht über die Atombomben, die Schutz vor Indien bieten sollen. Khan hat lange davon profitiert, dass er die Generäle auf seiner Seite wusste. Aber diese Phase scheint vorbei zu sein, was seinen Kampf um die Macht noch aussichtsloser erscheinen lässt.

Zur SZ-Startseite

Pakistan
:"Nichts weniger als Hochverrat"

Seit Wochen kämpft Pakistans Premierminister Imran Khan um die Macht. Am Sonntag sollte er durch ein Misstrauensvotum abgesetzt werden, die Opposition hatte genügend Stimmen - doch es kam anders.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: