Coronavirus:Die Impf-Abfrage für bestimmte Berufe ist richtig

Auffrischung der Corona Impfung

Und? Geimpft? Wer im Kindergarten oder im Seniorenheim arbeitet, sollte es offenlegen.

(Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

In Schulen, Kitas oder Pflegeheimen zu arbeiten gehört zu den ehrenwertesten Entscheidungen, die Menschen treffen können. Umso schwerer nachvollziehbar ist es, wenn sich gerade diese Beschäftigten nicht impfen lassen.

Kommentar von Angelika Slavik

Es gibt gute Gründe, warum Arbeitgeber in Deutschland keinen Zugriff auf medizinische Daten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Und dennoch ist die Entscheidung der Koalition absolut richtig, Unternehmen in bestimmten Bereichen zu erlauben, ihre Angestellten zu fragen, ob sie gegen Corona geimpft sind.

Diese Pandemie hat viele vermeintliche Gewissheiten infrage gestellt. Sie hat dazu geführt, dass die Gesellschaft das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit von Grund auf neu verhandelt - ein für alle Seiten verdammt schmerzhafter Prozess. Denn egal, ob sich die Diskussion gerade um Ausgangssperren, Maskenpflicht, Impfung oder wie jetzt um die Offenlegung des Impfstatus dreht, es geht im Kern immer um die Frage: Wie viel Sicherheit darf man verlangen, wie viel Risiko muss man aushalten? Und, wichtiger noch: In welchem Maß darf man die eigene Angst oder die eigene Arglosigkeit den anderen zumuten?

Eine Auskunftspflicht für Menschen, die in Schulen, Pflegeheimen oder Kitas arbeiten, ist das absolute Minimum an Maßnahmen, die angemessen wären. Denn wer mit den Jüngsten oder mit den Ältesten arbeitet, hat mit genau jenen Gruppen zu tun, die sich selbst nicht ausreichend gegen das Coronavirus schützen können. Für Kinder unter zwölf Jahren gibt es keine zugelassene Impfung, viele ältere Menschen können wegen eines geschwächten Immunsystems keinen ausreichenden Impfschutz mehr aufbauen. Sie sind also darauf angewiesen, von ihren Mitmenschen geschützt zu werden.

Hier geht es um zweierlei: um Moral und um Betriebswirtschaft

Die Entscheidung für einen Beruf in Schule, Kita oder Pflegeheim gehört zu den ehrenwertesten Entscheidungen, die Menschen treffen können. Umso schwerer nachvollziehbar ist es, wenn sich gerade diese Beschäftigten nicht impfen lassen. Wie steht das eigentlich im Einklang mit dem schützenden Charakter ihres Berufs? Den Arbeitgeber über ein bestehendes Risiko wenigstens zu informieren, ist da absolut zumutbar. Denn nur so kann dieser zumindest versuchen, die Gefahr zu minimieren: durch Schutzmaßnahmen, die dann hoffentlich penibel kontrolliert werden. Oder indem er geimpfte und ungeimpfte Mitarbeiter so verteilt, dass die Risikokontakte so stark reduziert werden wie nur möglich.

Neben dem moralischen Aspekt hat dies auch einen wirtschaftlichen: Denn wer würde seine hochbetagten Angehörigen in einer Pflegeeinrichtung unterbringen, in der sie von Ungeimpften betreut werden? Den Betreibern zumindest die Chance einzuräumen, durch kluge Planung ein größtmögliches Maß an Sicherheit versprechen zu können, ist da nur fair.

Zugegeben, auch jene, die mehr Sorge um die Rechte von Arbeitnehmern haben als Angst vor dem Virus, haben starke Argumente auf ihrer Seite. Ja, eine solche Auskunftspflicht birgt das Risiko, nicht die Ausnahme zu bleiben, sondern der Anfang einer Entwicklung zu sein - deshalb gilt es unbedingt sicherzustellen, dass das Recht auf Selbstbestimmung und und auf Privatsphäre nicht generell ausgehöhlt wird. Ein wichtiges Signal ist: die Auskunftspflicht an die Feststellung der "epidemischen Lage" zu knüpfen.

Corona hat den Blick auf vieles verändert. Die Angst der anderen auszuhalten, ob es nun die Angst vor dem Virus oder die Angst vor Freiheitseinschränkung ist: Das ist die große Herausforderung unserer Zeit.

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