Süddeutsche Zeitung

Impfungen:Egal, wer wann dran ist

Manche Hausärzte geben die Spritze jedem, der gerade bei ihnen ist. Recht haben sie.

Von Werner Bartens

Heissa, da geht es zu! Deutschland impft munter durcheinander, und jeder kennt eine Geschichte, die noch empörender klingt. Da werden 20-Jährige geimpft, wegen seltsamer "Vorerkrankungen", die sie kein bisschen beeinträchtigen. Munter werden Geburtsdaten falsch angegeben, sodass die 60-Jährigen derzeit erstaunlich zahlreich sind. Und das ganze Land scheint aus pflegenden Angehörigen oder im Haus lebenden Großeltern zu bestehen.

Verletztes Gerechtigkeitsgefühl und Missgunst wechseln sich ab. Täglich ist von Schummlern und Vordränglern die Rede, die angeblich gegen das Allgemeinwohl verstoßen. Natürlich kann man das so sehen. Andererseits verändert sich die Pandemie gerade wieder, ohne dass Politiker und Kommissionen ihre Reaktion darauf anpassen. Sie sind von der Dynamik schlicht überfordert.

Hausärzte sind da pragmatischer. Manche impfen, was ihnen unter die Spritze kommt. Sie wissen, dass Hochbetagte und Schwerkranke fast alle geimpft sind. Jetzt geht es darum, möglichst viele Menschen rasch zu schützen. Die Impfquote in Deutschland ist zuletzt rapide gestiegen - das liegt auch an diesen Impfungen im Graubereich. Höchste Zeit, die alte Reihenfolge zu überdenken und die Priorisierung erst aufzuweichen, dann aufzugeben. Das wäre gut gegen die Pandemie - und gegen den Neid.

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