Corona-Bekämpfung:Und dann?

Es mag gut sein, die Bekämpfung der Pandemie künftig an der Zahl der Patienten im Krankenhaus auszurichten. Aber diesem Entschluss müssten weitere Festlegungen folgen.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Es ist richtig, dass die Sieben-Tage-Inzidenz der Infektionen nicht mehr im Zentrum der Corona-Politik steht. Denn die Regierenden rechtfertigten das Einschränken von Grundrechten stets damit, dass das Gesundheitssystem nicht kollabieren darf. Daher ist es höchste Zeit, die Zahl der mit Covid-19-Patienten belegten Krankenhausbetten (je 100 000 Einwohner in sieben Tagen) zu berücksichtigen - zumal die Anzahl der Covid-19-Patienten in den Kliniken deutlich steigt. Hospitalisierungs-Inzidenz heißt dieser Indikator; der Schwellenwert für die erste Warnstufe liegt bei 6.

Aber wenn Gesundheitsminister Jens Spahn nun sagt, die alte 50er-Inzidenz habe "ausgedient", dann greift das zu kurz. Die Inzidenz ist ein Frühwarnsystem, wohingegen die Hospitalisierungsrate erst später zeigt, wie viele Menschen schwer an Covid erkrankt sind. Die Politik nimmt sich selbst Spielraum, wenn sie sich auf diesen Indikator konzentriert. Und was genau hat sie vor? In den Plänen zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes heißt es lediglich, die 50er-Inzidenz sei "nicht mehr aktuell", ausschlaggebend sei "insbesondere" die Hospitalisierungsrate. Aber von welchem Grenzwert an gelten Kliniken als überlastet? Es ergibt auch keinen Sinn, einen Indikator einzuführen, ohne Maßnahmen zu definieren, die mit den neuen Schwellenwerten verbunden sind. Nachvollziehbar ist auch die Forderung vieler Experten, weitere Faktoren zu berücksichtigen: die Altersstruktur der Infizierten, die Rate an Positiv-Tests und vor allem die Impfquote. Wie in anderen Ländern sollte der Anteil der Ungeimpften an den Covid-19-Patienten ausgewiesen werden - als Mahnung an die noch Gesunden, sich impfen zu lassen.

Das alles macht die Sache nicht einfacher. Aber eine zentrale Lehre aus der Pandemie sollte sein, dass die Menschen bei der Bekämpfung mitgenommen werden müssen. Was nur gelingt, wenn es klare, nachvollziehbare Regeln und Indikatoren gibt.

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