Flutkatastrophe:Der Staat hat die Fürsorgepflicht für seine Bürger

Hat der Landrat von Ahrweiler die Bevölkerung rechtzeitig und deutlich genug gewarnt vor der Flut? Das wird nun die Staatsanwaltschaft klären. Ein wichtiges Signal.

Von Katharina Riehl

Der 14. Juli 2021 wird in die Geschichte dieses Landes eingehen als einer der schrecklichsten Katastrophentage der Nachkriegszeit. So viele Menschen haben ihr Leben verloren, weil heftiger Regen einen Fluss namens Ahr in einen tödlichen Strom verwandelte und das Wasser über die Ufer trat. Seit Freitag ist klar, dass die Flut juristisch aufgearbeitet wird. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Landrat und ein Mitglied des Krisenstabs eingeleitet, denn es könnte sein, dass die Menschen nicht deutlich genug oder zu spät gewarnt wurden; ein solches Unterlassen könnte "für einen Teil der Todesfälle und der Verletzungen (mit)ursächlich geworden" sein.

Die Ermittlungen sind in zweierlei Hinsicht ein wichtiges Signal. Zum einen an die Bewohner des Ahrtals, deren Leben nach der Flut nicht mehr dasselbe ist. Sie haben das Recht auf Aufklärung: Haben sie ihre Verwandten, Freunde, ihren Besitz verloren, weil eine unvorhersehbare Naturkatastrophe über sie hereinbrach? War die Flut schlicht ein Schicksalsschlag? Oder hätte man das Schlimmste verhindern können? Nein, ein möglicher Prozess bringt keinen geliebten Menschen zurück. Aber er kann das Gefühl von Gerechtigkeit vermitteln.

Zum anderen ist das Verfahren von Koblenz ein wichtiges Zeichen für künftige Katastrophen. Der Staat hat die Fürsorgepflicht für seine Bürger, und die beste technische Ausstattung hilft nicht, wenn die Verantwortlichen Warnungen nicht ernst genug nehmen. Die Ermittlungen müssen nun klären, ob der Landrat von Ahrweiler seiner Pflicht nachkam.

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