Sozialpolitik:Nur ein Symbol

Die Hartz-IV-Sanktionen bis Jahresende auszusetzen, bringt nicht mehr soziale Gerechtigkeit.

Kommentar von Roland Preuß

Jahrelang haben Sozialverbände, Arbeitslosen-Initiativen und Gewerkschaften gegen die Sanktionen im "Hartz-IV-Regime" gewettert, jetzt, da die Ampel sie bis Ende des Jahres aussetzen will, meldet sich auch die andere Seite lauter zu Wort. Wir brauchen Geldkürzungen als letztes Mittel, heißt es von der Arbeitsagentur, von Wissenschaftlern, aber auch vom Städtetag oder dem Beamtenbund. Es ist ein Aufstand der Praktiker, die oft seit vielen Jahren mit Langzeitarbeitslosen zu tun haben, in den Jobcentern, im Rathaus, in Forschungsprojekten. Schon deshalb sollte man sie hören.

Eine Aussetzung der Sanktionen für mehrere Monate wäre vor allem ein Symbol. Der Sozialstaat soll ein freundlicheres Gesicht zeigen, das ist der Anspruch der Ampelkoalitionäre. Für die Grünen sind die Sanktionen eine brutale Zumutung des Staates, sie brauchten in den Koalitionsverhandlungen im Kapitel Soziales neben der Kindergrundsicherung diesen weiteren, kleinen Sieg. Arbeitsminister Hubertus Heil setzt den Kompromiss nun klaglos um, bei ihrer traumatischen Hartz-Historie will auch die SPD nicht als Gralshüter sozialpolitischer Schärfe dastehen.

Mit diesem Symbol aber erzielt man nicht mehr Gerechtigkeit. Die Strafen treffen längst nur noch eine kleine Minderheit der Hartz-IV-Bezieher. Es sind wenige Prozent, die nicht daran mitwirken, ohne die Unterstützung des Staates auszukommen. Die Jobs verweigern, einen Sprachkurs, eine Weiterbildung. Soll die Gemeinschaft dies einfach schulterzuckend hinnehmen?

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