Ein Jahr nach dem Anschlag von Hanau hat Deutschland der neun jungen Menschen gedacht, die ermordet wurden - stellvertretend für Millionen Eingewanderte und ihre Familien, die Rassisten aus dem Land vertreiben wollen. Hanau 2020, das war der dritte rechtsextreme Terrorakt innerhalb von neun Monaten. Den Bundesinnenminister schert das wohl nicht mehr.
Anders lässt sich nicht erklären, warum Horst Seehofer in diesen Tagen keine Neigung verspürte, sich zu diesem Jahrestag zu äußern, aus eigenen Stücken. Der Innenminister schwieg. Als ein Journalist am Freitag nach den Gründen fragte, servierte Seehofers Sprecher etwas Betroffenheitslyrik, leider noch vom vergangenen Jahr. Wenig später dann verlas er ein Textlein, das die Pressestelle eiligst nachgereicht hatte. Seehofer teile mit: Die Bevölkerung könne sich darauf verlassen, dass der Staat Rassisten die Stirn biete. Genau das aber ist nicht der Fall.
Ein Innenminister, der nachträglich Anteilnahme behaupten lässt, wo ihm Hanau doch offensichtlich piepegal geworden ist, versteht seinen Job nicht: alle Menschen zu schützen in Deutschland. Wer das nicht als Kernaufgabe der Sicherheit begreift, ist den Anforderungen der Einwanderungsgesellschaft nicht gewachsen. Am Freitagabend hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgesprochen, was Seehofer hätte sagen sollen: Der Staat hat sein Sicherheitsversprechen gebrochen gegenüber Menschen, die in Angst leben, jeden Tag. Auch weil die Gleichgültigkeit in der Bundesregierung sitzt.