Großbritannien:Unter Lügnern

Die Vorwürfe des früheren Chefberaters von Premierminister Boris Johnson zur britischen Corona-Politik sind gewaltig - aber das allein sagt noch nichts. Aufklärung ist angebracht.

Von Alexander Mühlauer

Mehr als sieben Stunden hat Dominic Cummings mit der Corona-Politik der britischen Regierung abgerechnet. Der frühere Chefberater von Premierminister Boris Johnson nutzte seinen Auftritt vor einem Parlamentsausschuss, um ein verheerendes Bild von den Zuständen in 10 Downing Street zu zeichnen. Das hat es in dieser Drastik noch nie im Vereinigten Königreich gegeben.

Glaubt man Cummings, ist der Premier ein unfähiger Chaot, der Gesundheitsminister ein notorischer Lügner, und dann gibt es angeblich noch einen Haufen weiterer Versager, die allesamt dafür verantwortlich seien, dass Zehntausende Menschen starben, die nicht hätten sterben müssen. Cummings' Vorwürfe sind so gewaltig, dass sie nun so schnell wie möglich von einer unabhängigen Kommission untersucht werden sollten. Und nicht erst wie geplant im kommenden Jahr.

Die Aufarbeitung der Fehler im Kampf gegen die Pandemie wird nicht einfach, denn sowohl Cummings als auch Johnson sind dafür bekannt, dass sie es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Beide sind für Lügen der Brexit-Kampagne verantwortlich. Beide sind auch wegen dieser Lügen im Zentrum der Macht gelandet. Nun, nachdem sie im Streit auseinandergegangen sind, bezichtigen sich beide gegenseitig der Lüge. Es obliegt jetzt dem Parlament, weiter für Aufklärung zu sorgen.

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