(SZ) Heutzutage ist es wichtig, dass alle Menschen in der Gesellschaft ankommen. Dabei ist es nicht damit getan, sicher an einem Bahnhof anzukommen. Das Gefühl zu entwickeln, aufgenommen zu sein, ist die schwierige Aufgabe. Und wenn es einmal geklappt hat, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass der Angekommene auch bleiben will, wie der Fall des im Ruhrpott geborenen türkischstämmigen Fußballers Mesut Özil bewiesen hat. Einerseits wurde er Weltmeister mit der deutschen Mannschaft. Andererseits fühlt er sich mittlerweile in der Türkei und bei Ministerpräsident Erdoğan viel besser aufgehoben. Insofern ist jede Initiative zu begrüßen, die das Ankommen fördert, sogar der Verfassungsschutz hat nun seinen Beitrag für die Ankunft in der deutschen Wegwerfgesellschaft geleistet, als er den neuen Typ des von Russland gesteuerten Agenten vorgestellt hat. Der wird als Low-Level-Agent bezeichnet, aber auch als Wegwerf-Agent, wie die Deutsche Presse-Agentur schreibt.
Gemeint ist damit ein in Deutschland lebender bisheriger Nicht-Agent, der keine Geheimdienst-Ausbildung genossen hat und vorwiegend nach russlandfreundlichen Bemerkungen auf Messengerdiensten angeworben wird. Oft für vermeintlich harmlose Aufgaben, deren wahrer und gar nicht harmloser Zweck verschleiert wird. Wie man den wahren Zweck eines Sabotageaktes oder einer Bombenplatzierung verheimlicht, gehört vermutlich ins Fach der höheren Agentenmeisterschaft, wichtiger ist die Tatsache, dass es in der Regel bei Einmal-Aktionen bleibt. Der Agent wird folglich wie ein Einwegprodukt behandelt, für das nach dem James-Bondchen-Einsatz keine weitere Verwendung vorgesehen ist.
Was so ein 007-Ansatz für Sean Connery oder Daniel Craig bedeutet hätte, ist leichter zu ergründen als die Folgen in der deutschen Wegwerfgesellschaft: Flasche leer, Flasche weg? Die Einweg-Spione sollten sich in Fachkreisen schlaumachen, wohin sie nach einmaligem Gebrauch verschwinden. Auch ein Anruf beim Verbraucherschutz empfiehlt sich, um zu verstehen, wofür das heimtückische Wort „entsorgen“ in diesem Zusammenhang steht und was sich für Agenten hinter den Begriffen „Gelbe Tonne“ und „internationaler Verwertungskreislauf“ verbirgt. Abgesehen davon sollte weniger diskriminierend vom Wertstoffhof-Agent gesprochen werden und damit zeitgemäß die Wiederverwertbarkeit gewährleistet sein, andere Aufgabe in neuer Form. Recycelte Low-Level-Agenten könnten alle Bereiche infiltrieren, die uns Kopfschmerzen bereiten. Elon Musks Kompetenz-Vernichtungsorganisation DOGE, Donald-Trump-Sitzungen mit seinen katzbuckelnden Beratern oder Putins Lagebesprechungen. Nicht um zu spionieren, sondern Sabotage durch Low-Level-Vorschläge zu betreiben und so die Welt zu retten. Das wäre doch mal zum Wegwerfen komisch.