Aktuelles Lexikon:Genozid

Von Joachim Käppner

Für Nichtjuristen sind die Debatten, was als Völkermord gilt, einigermaßen erstaunlich, weil es an den schrecklichen Fakten doch keine Zweifel gibt. Während des Ersten Weltkriegs kamen circa 1,5 Millionen Armenier als Opfer der Verfolgung durch das Osmanische Reich um. 1904 bis 1908 verschuldete die deutsche Kolonialmacht in Südwestafrika, heute Namibia, mit Absicht den Tod Zehntausender Menschen aus den kleinen Völkern der Herero und Nama; erst 2015 erkannte das Auswärtige Amt dieses Verbrechen als Völkermord an. Die Türkei lehnt ein Bekenntnis zur eigenen historischen Schuld ab und hat damit einen diplomatischen Konflikt mit den USA provoziert. Das Synonym für Völkermord heißt Genozid und stammt vom altgriechischen Wort für Herkunft (génos) und dem lateinischen für morden (caedere) ab. Als Genozid gelten völkerstrafrechtlich Verbrechen, die eine bestimmte Gruppe ganz oder teilweise zerstören wollen, etwa aus rassistischen, nationalistischen oder religiösen Motiven, zuständig ist der Internationale Strafgerichtshof. Die Definition geht auf den Juristen Raphael Lemkin zurück und wurde 1948 in der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes umgesetzt. Lemkin hatte seine Familie während des Holocaust verloren.

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