Aktuelles Lexikon:Gedöns

Wort mit mittelhochdeutschem Ursprung und regelmäßiger Karriere in der Politik.

Von Johanna Pfund

Puristen und Fans der asiatischen Harmonielehre Feng-Shui empfehlen häufig, gerne auch ungefragt, sich von Überflüssigem zu trennen. Etwa von Gedöns wie Kerzenleuchtern, Tischdecken oder Porzellanfiguren, also Dingen, die man wirklich nicht braucht und die folglich überflüssig sind. Das Wort stammt aus dem Niederdeutschen und beruht auf dem mittelhochdeutschen Wort "gedense", was in etwa Herumziehen bedeutet; es ist also etwas, das man eher unwillig mitschleppt und am liebsten loswerden würde. Für den damals neuen Bundeskanzler Gerhard Schröder war diese sinnlose Last recht offensichtlich das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das er nach seinem Wahlsieg 1998 kurzerhand "Familie und Gedöns" nannte. Seitdem hält sich der Begriff hartnäckig in politischen Debatten und noch hartnäckiger im Zusammenhang mit allem, was mit Frauen zu tun hat. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth rief 2012 dem SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück empört zu: "Forget about Gedöns, Gedöns ist vorbei". Das ist es aber nicht: CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz hat Außenministerin Annalena Baerbock jetzt vorgeworfen, feministische Außenpolitik zu betreiben, was er in Krisenzeiten wie diesen offensichtlich für überflüssig hielt. Gegen diesen Vorwurf verwahrte sie sich: Feminismus sei alles andere als Gedöns.

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