Profil:Lorenz Stiftl

Profil: Lorenz Stiftl in seinem neuen Lokal.

Lorenz Stiftl in seinem neuen Lokal.

(Foto: Robert Haas/Robert Haas)

Münchner Wiesnwirt und G-7-Gipfel-Verköstiger

Von Franz Kotteder

Gerade hat der Gourmetführer Gault & Millau Schloss Elmau als Sitz des derzeit besten bayerischen Restaurants ausgemacht. Schwer zu sagen, welche Erwartungen das weckt bei den Tausenden von Polizisten, Sicherheits- und Verwaltungspersonal, die jetzt rund um Elmau im Einsatz sind, um das Treffen der G7 so reibungslos wie möglich ablaufen zu lassen. Ihre Verpflegung dürfte jedenfalls nicht ganz die Qualität des Fine-Dining-Restaurants "Luce d'Oro" im Schlosshotel erreichen. Dort hat man Platz für 24 Gäste, die Gipfel-Großküche muss hingegen jeden Tag einige Tausend Mahlzeiten servieren.

Lorenz Stiftl ist zwar nicht der Koch, aber der Wirt für die Dienstbotenetage des Gipfels: der Caterer für Polizei und Beamte, für Technisches Hilfswerk und Rotkreuzhelfer direkt am Ort des Geschehens. "Wir sind seit dem 20. Mai hier", erzählt er, "anfangs waren das nur an die 100 Essen, jetzt sind es bis zu 12 000 am Tag." Eine eigene Produktionsküche hat er aufbauen lassen und ein Kühlhaus mit 100 Quadratmetern. Täglich arbeiten hier 250 Mitarbeiter, bereiten Gulasch und Currywurst zu, aber auch vegane und vegetarische Gerichte sowie Desserts. 15 Helfer kommen aus der nahen Flüchtlingsunterkunft in Garmisch. "Die Ausländerbehörde war sehr entgegenkommend mit der Arbeitserlaubnis", sagt Stiftl. Der Personalengpass in der Gastronomie hat natürlich auch ihn und sein Catering-Unternehmen getroffen.

Aber die Bewirtung von großen Menschenmengen ist ihm durchaus vertraut. Der 57-Jährige ist seit vielen Jahren Festwirt an vielen Orten in ganz Bayern, ist seit 2008 auch mit dem kleinen Zelt "Zum Stiftl" auf dem Oktoberfest vertreten und in diesem Jahr zum ersten Mal mit dem Volkssängerzelt auf der sogenannten Oidn Wiesn, der historischen Abteilung des Festes. Daneben betreibt er die Stadiongastronomie des TSV 1860 München und des FC Ingolstadt. Nicht zuletzt ist er mit seiner Frau Christine auch noch Wirt des "Hackerhauses" in der Sendlinger Straße, mitten im Herzen von München. In den vergangenen zwei Jahren mussten sie die Traditionsgaststätte allerdings zeitweise und pandemiebedingt zum Corona-Testzentrum und zur künstlichen Eisstockbahn umfunktionieren.

Sehr ungewöhnlich für einen bayerischen Festwirt: Es wird kein Bier ausgeschenkt

Alles in allem ist das keine schlechte Karriere für einen Wirtsbuben aus einem Ortsteil von Vohburg an der Donau (Landkreis Pfaffenhofen) mit dem Namen Rockolding mit gerade mal 500 Einwohnern. Seine Eltern betrieben dort das Dorfwirtshaus und eine Art Tankstelle in Gestalt einer Zapfsäule. Lorenz war 17 Jahre alt, als der Vater starb. Da musste er die Sache übernehmen. Und der junge Mann rockte tatsächlich den Laden: Aus der Zapfsäule wurde der "Rockoldinger Autohof" mit Tankstelle und Pension, und die Gastwirtschaft bildete die Keimzelle eines Festzeltbetriebs, mit dem Stiftl bald auf mehr als 20 Volksfesten in ganz Bayern vertreten war, von Pfaffenhofen bis zum berühmten Barthelmarkt von Manching, wo am Samstagmorgen schon um 5.30 Uhr die Bierzelte voll sind. Und nicht nur die.

Mit ungewöhnlichen Uhrzeiten hat Stiftl auch in Elmau zu tun. Laut Vertrag muss er die Einsatzkräfte auch noch in der Nachtschicht bis vier Uhr früh bewirten, und dann heißt es fast schon wieder, fürs Frühstück aufzudecken. In der Praxis ist das Arbeit in vier Schichten, rund um die Uhr. Und sehr ungewöhnlich für einen bayerischen Festwirt: Es wird kein Bier ausgeschenkt, kein Tropfen! Stattdessen alkoholfreie Getränke ohne Ende. Wie gut, dass seine Einnahmen nicht vom Bierumsatz abhängen. Das sieht im Herbst dann wieder anders aus, auch wenn das Volkssängerzelt auf dem Oktoberfest ein eher kleines ist. Zweimal stand Stiftl schon kurz davor, in den Olymp der Münchner Wiesnwirte aufzusteigen und eines der 14 großen Bierzelte zu übernehmen, scheiterte dann aber im letzten Moment. Aber was nicht ist, kann ja immer noch werden.

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