Sicherheit:Die größte aller Aufgaben

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Mehr davon. Mehr davon? Airbus A400M auf dem Vorfeld des Fliegerhorstes Wunstorf. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Frieden schaffen ohne Waffen? Das ist leider immer eine Illusion. Frieden schaffen mit immer mehr Waffen? Ebenfalls. Der Tag wird kommen, an dem man endlich auch wieder über Rüstungskontrolle sprechen muss.

Kommentar von Georg Mascolo

Für die Verteidigung des Landes also 100 000 000 000 Euro. Es brauche "Flugzeuge, die fliegen, Schiffe, die in See stechen, und Soldatinnen und Soldaten, die für ihre Einsätze optimal ausgerüstet sind", sagte Kanzler Olaf Scholz an diesem Sonntag im Bundestag zur Begründung. Es ließe sich anmerken, dass dies auch schon besser vorher gegolten hätte. Keine Regierung hat sich nach der Abschaffung der Wehrpflicht vor zehn Jahren der versprochenen Professionalisierung und guten Ausstattung der Armee ausreichend angenommen. Zur finanziellen Knappheit kam eine überbordende Bürokratie in der Beschaffung. Besonders litten viele Soldatinnen und Soldaten aber auch an einem in Teilen der Politik und Gesellschaft bisweilen an Beleidigung grenzenden Desinteresse an ihrem gefährlichen Dienst. Vieles wird sich ändern müssen.

Die Scholz-Rede wird ihren Platz in den Geschichtsbüchern finden, allerdings nur als Fußnote zu ebenjenem Grund, der sie notwendig werden ließ: ein verbrecherischer Angriffskrieg in der Mitte Europas, begangen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem leider noch Schlimmeres zuzutrauen ist.

Die Vereinbarungen aus dem Kalten Krieg zerfielen, Stück für Stück

In einer solchen Situation nicht auf Verteidigung zu setzen, wäre fahrlässig. Ebenso fahrlässig wäre es allerdings, darauf zu vertrauen, dass allein mehr Geld für das Militär bereits Europa und die Welt wieder zu einem sicheren Ort machen wird. Frieden schaffen ohne Waffen blieb leider immer eine Illusion. Frieden schaffen mit immer mehr Waffen ist es aber auch.

Radikal umzudenken, erfordert in diesen Zeiten deshalb ebenso: nach Wegen zu suchen, wie Verhandlungen über Rüstungskontrolle und anschließend deren Überprüfung endlich wieder jene Priorität und jenes Gewicht erhalten, die sie schon immer verdienten. Dass die während (und zum Ende) des Kalten Krieges entstandenen Vereinbarungen Stück für Stück zerfielen, interessierte kaum noch jemanden. Noch die dramatischsten Warnungen verhallten, etwa als das Auswärtige Amt im Jahr 2017 vor einem weltweiten "völligen Zusammenbruch der Rüstungskontrollarchitektur mit einhergehendem signifikanten Sicherheitsverlust" warnte.

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Verantwortung hierfür findet man auf allen Seiten. Mal kündigten die USA (bereits 2002) den Vertrag über die Begrenzung zur Raketenabwehr auf. Dann brach Russland die Vereinbarung über das Verbot der Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraketen. Schließlich fiel vor zwei Jahren sogar das Abkommen über den Offenen Himmel. Es gestattete 34 Nationen den gegenseitigen Überflug von Militäreinrichtungen mit Überwachungsmaschinen. Das Ende einer revolutionären, vertrauensbildenden Maßnahme.

Hyperschall-Waffen bereiten Militärs die größten Sorgen

Nichts von alldem, um auch das zu sagen, rechtfertigt Putins Krieg. Nichts rechtfertigt seine Lügen, etwa, dass die Ukraine plane, Nuklearwaffen zu entwickeln, um Russland zu bedrohen. Niemand sollte erwarten, dass solche Gespräche auch nur beginnen könnten, während die Panzer des Kreml auf Kiew zurollen. Das Angebot der USA, über neue und weitreichende Schritte der Rüstungskontrolle zu sprechen - dies gehörte übrigens zu den Bemühungen, einen russischen Einmarsch noch zu verhindern -, hat Putin nicht wirklich interessiert. Auch kann niemand sagen, ob Gespräche mit einem Mann wie ihm überhaupt noch sinnvoll sein können. Die Ausweglosigkeit des Moments ist bedrückend.

Und doch erinnert gerade dieser Moment zugleich an die Größe des Problems. Es reicht leider über den jetzigen Konflikt noch weit hinaus. Neuartige Hyperschall-Waffen werden in Russland wie auch in den USA entwickelt, die extrem kurze Zeit, auf ihren Abschuss auch nur zu reagieren, bereitet Militärs größte Sorgen. Dann ist da China, ein Land mit großen Ambitionen und stetig wachsenden Militärausgaben. Auch im nuklearen Bereich, das Arsenal soll massiv ausgebaut und modernisiert werden. Die Rivalität mit den USA wächst, aber über Begrenzungen und Abkommen - wie im Kalten Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA - wird praktisch nicht einmal gesprochen.

Und dann das Problem der Cyberwaffen

Und am bedrückendsten ist der Befund im Bereich der Cyberwaffen. Obwohl sie die Kriegführung ebenso revolutionieren wie zuvor die Einführung der Luftwaffe oder die Entwicklung der Atombombe: Nirgendwo finden ernsthafte Gespräche darüber statt, welche potenziellen Ziele zwingend geächtet sein müssen: Krankenhäuser etwa. Oder Atomkraftwerke. Mit Cyberangriffen können selbst kleine Länder große Konflikte lostreten.

Das Bemühen um völkerrechtlich bindende Normen, um Abrüstung, Gipfeltreffen auf höchster Ebene, um den Aufwuchs der immer gefährlicheren Arsenale zumindest zu begrenzen, schien zu lange wie eine Aufgabe aus einer anderen, einer dunkleren Zeit zu sein. Geschichte eben. Wenn diese Tage für etwas gut sein können, dann nur, dass sie in einer so gefährlich gewordenen Welt an die größte aller Aufgaben erinnern: den Frieden zu sichern.

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