Vielleicht muss man wieder beginnen, die Worte auf ihre Bedeutung hin zu befragen, weil sie sonst sinnlos werden. Vielleicht muss man die Definitionen wieder schärfen, weil sonst alles stumpf und gleichförmig wird. Vielleicht muss man wieder ausbuchstabieren, was welchen Namen verdient, weil sonst die Unterschiede verloren gehen. Weil sonst alles untergeht in diesem infantilen Meinungsfreiheits-Nihilismus. Vielleicht braucht es ein Wörterbuch der Demokratie, in dem das Vokabular beschrieben wird, das eine demokratische Gemeinschaft braucht, wenn sie demokratisch und gemeinschaftlich bleiben will. Die letzten Jahre waren geprägt von einer absichtsvollen Unschärfe der Sprache, die alle Konturen des Radikalen abgeschliffen und verharmlost hat, als sei irgendwie alles zur Demokratie gehörig, selbst das, was die Demokratie zerstört. Als müsste unbedingt alles irgendwie eingemeindet werden, selbst das, was ganz explizit und unverhohlen die Gemeinschaft ablehnt. Die anbiedernde Geste des Man-muss-die-Ängste-ernst-Nehmens war immer schon eine, die sich nur diejenigen leisten konnten, die den Hass und den Fanatismus der angeblich ängstlichen Bewegungen nicht zu spüren bekamen.
Gesellschaft:Fanatiker sind's
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Es war verantwortungslos und feige, lange Zeit Hetzer nicht als das zu benennen, was sie sind. Eine Demokratie braucht auch diese Fähigkeit: zu spalten.
Kolumne von Carolin Emcke
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