Frankreich:Noch brennt nur der Grill

Frankreich: Proteste in Paris gegen die hohen Energiepreise

Erinnerungen an die Gelbwestenproteste werden wach: Viele Menschen haben am Sonntag in Paris wegen der steigenden Preise demonstriert.

(Foto: Christophe Archambault/AFP)

Die Franzosen haben Angst, sich das Leben bald nicht mehr leisten zu können - und gehen zu Tausenden auf die Straße. Und der Präsident? Hat ein Kommunikationsproblem.

Kommentar von Kathrin Müller-Lancé

Eine Revolution, wie sich das der Alt-Linke Jean-Luc Mélenchon im Vorfeld gewünscht hatte, ist der "Marsch gegen das teure Leben" am Sonntag dann doch nicht geworden. Trotzdem hat die Demo in Paris gezeigt: Viele Französinnen und Franzosen sind unzufrieden bis wütend, sie fürchten sich vor steigenden Preisen im Supermarkt und hohen Energiekosten. Dafür verantwortlich machen sie, in Frankreich hat der Etatismus Tradition: den Staat. Dabei ist die französische Regierung in der Energiekrise nicht tatenlos. Schon seit Monaten deckelt sie die Gas- und Strompreise kräftig, mit sechs Prozent hat Frankreich eine der niedrigsten Inflationsraten in Europa.

Aber, Präsident Macron und seine Regierung haben ein Kommunikationsproblem. Während sie in Rollkragenpullover und Daunenjacke zum Stromsparen mahnen, kommt bei vielen in der Bevölkerung vor allem an: Wir sollen verzichten, während die großen Konzerne und ihre Aktionäre Supergewinne einfahren. Diesen Eindruck haben die Menschen auf der Straße in Paris, die eine Übergewinnsteuer fordern, diesen Eindruck haben die Mitarbeiter in den französischen Raffinerien, die seit Wochen für mehr Lohn streiken.

Und Macron? Betreibt alles andere als Entspannungspolitik. Statt zu beruhigen, heizt der Präsident die Stimmung eher an. Im Fernsehinterview zu den Streiks erklärte er sich erst für nicht zuständig und kritisierte dann doch die Gewerkschaften. Immer wieder pocht er darauf, seine umstrittene Rentenreform noch diesen Winter durchzubringen, für den Fall eines Misstrauensvotums gegen seine Regierung bringt er Neuwahlen ins Spiel.

Nicht wenige erinnern die aktuellen Unruhen in Frankreich an die Anfänge der Gelbwestenproteste, die sich im Herbst vor vier Jahren an den steigenden Benzinpreisen entzündeten. Noch brennt bei der Demo in Paris nur der Grill, noch trägt nur eine Minderheit gelbe Warnwesten. Noch ist die Stimmung nicht übergekocht - aber es brodelt ordentlich.

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