Flüchtlinge:Systematisches Unrecht

EU-Staaten drängen Migranten mit Gewalt über ihre Außengrenzen zurück. Das darf nicht hingenommen werden.

Von Matthias Kolb

Es ist ein Zwischenruf, der nicht neu ist, aber die Europäer trotzdem beschämen sollte. Man sei "alarmiert" über die Art, wie EU-Staaten Flüchtlinge behandeln, kritisiert das UN-Flüchtlingswerk UNHCR. Besorgt sind die Experten vor allem über die berüchtigten "Pushbacks": So nennt man es, wenn die Küstenwache oder die Polizei eines EU-Mitgliedslandes Migranten mit Gewalt über seine Außengrenzen zurückdrängt.

Dass es sich um eine "systematische Praxis" handelt, lässt sich kaum bestreiten: Die Griechen zwingen Boote zurück in die Türkei, die Kroaten prügeln die Menschen nach Bosnien zurück, ohne deren Anliegen im Einzelfall zu prüfen. Doch das Recht auf Asyl darf nicht ausgesetzt werden - die Pandemie ist dafür ebenso wenig eine Entschuldigung wie für die Zustände in den Flüchtlingslagern in Lipa oder auf Lesbos.

Wenn die EU halbwegs glaubwürdig im Rest der Welt bleiben und auch intern für Rechtsstaatlichkeit werben will, dürfen solche Vorfälle nicht toleriert werden von den Staaten, die nicht an den Außengrenzen liegen. In Ungarn haben Menschenrechtler seit 2016 Zehntausende Pushbacks dokumentiert. Insofern ist es überfällig, dass die Grenzschutzagentur Frontex ihren Einsatz in Ungarn nun suspendiert. Der Druck von Zivilgesellschaft und EU-Abgeordneten zeigt also etwas Wirkung.

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