Süddeutsche Zeitung

EU und China:Übereilt

Die nun mögliche Einigung auf ein Investitionsabkommen würde ein fatales Signal Richtung Peking senden.

Von Lea Deuber

Sieben Jahre ging es kaum voran, nun soll alles ganz schnell gehen. Hinter der möglichen Einigung beim Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Volksrepublik China steckt weder chinesische Einsicht noch politischer Reform- und Öffnungswille. Peking drängt seinen europäischen Partner, sich kurz vor dem Machtwechsel in Washington zu positionieren. Dass sich Brüssel auf Betreiben Berlins darauf einlässt, ist ein Fehler.

Jahrelang hat die Europäische Union die fehlenden Marktzugänge, die unfairen Bedingungen für die eigenen Firmen in China akzeptiert. Das geplante Abkommen verbessert die Position europäischer Konzerne zwar in Teilen, revolutionär sind die Zugeständnisse aber nicht. Es gilt nicht jetzt oder nie, wie manch Verhandlungsführer glaubt. Die Einigung wäre nur das Mindestmaß in einer Beziehung auf Augenhöhe, die Korrektur eines Ungleichgewichts zwischen beiden Partnern, das seit Langem nicht mehr akzeptabel ist.

Der Zeitpunkt gefährdet einen Neustart im transatlantischen Verhältnis, aber auch in den Beziehungen zwischen der EU und China. Für letztere war es ein desaströses Jahr. Da war etwa die gezielte Propaganda Pekings im Frühjahr, als es Masken und andere medizinische Güter nutzte, um die Einheit Europas zu schwächen. Im Juni folgte mit dem Staatssicherheitsgesetz der Völkerrechtsbruch in Hongkong. Inzwischen gilt neben der Masseninternierung auch die Zwangsarbeit in Xinjiang als erwiesen. Der übereilte Abschluss eines Abkommens sendet ein fatales Signal Richtung China. Er erteilt ihm die Absolution.

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