Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Hebel fremder Mächte

Ein Ende der Einstimmigkeit in der EU-Außenpolitik kann viel bewirken - allerdings keine Wunder.

Von Daniel Brössler

Die Henry Kissinger nachgesagte Frage, wen er anrufen solle, wenn er Europa sprechen wolle, ist schon seit einiger Zeit beantwortet. Die Europäische Union hat sich bereits vor Jahren einen Außenminister gegeben, auch wenn dieser Hoher Vertreter genannt werden muss. Er heißt zurzeit Josep Borrell und kann angerufen werden. Allerdings ist häufig nicht sicher, ob das der Mühe wert ist. Außenpolitisch leidet die EU unter chronischer Schwäche.

Zu Recht fordert der deutsche Außenminister Heiko Maas daher ein Ende der Vetos in der EU-Außenpolitik. Das Prinzip der Einstimmigkeit, gedacht zum Schutz von Minderheitenpositionen, ist zum Hebel äußerer Mächte geworden. Wenn etwa das Sicherheitsgesetz für Hongkong kritisiert werden soll, sitzt die chinesische Führung mithilfe vor allem Ungarns mit am Tisch. Zum einen teilt Viktor Orbán mit ihr die Verachtung für die liberale Demokratie, zum anderen erhofft er sich wirtschaftliche Vorteile.

Die Schwäche der europäischen Außenpolitik hat allerdings nur zum kleineren Teil etwas mit Abstimmungen zu tun. Die Bereitschaft, eigene Interessen der europäischen Sache unterzuordnen, ist nicht nur in Ungarn begrenzt. Das Ende der Einstimmigkeit würde Blockaden lösen. Wunder bewirken kann es nicht.

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