Süddeutsche Zeitung

Macron in Saudi-Arabien:Verheerend vor allem im Stil

Der französische Präsident besucht den saudischen Kronprinzen. Und kommt dem Mann, der laut CIA den Mord an Jamal Khashoggi in Auftrag gegeben haben soll, dabei allzu nahe.

Kommentar von Thore Schröder

Oft heiligt der Zweck die Mittel in der Diplomatie. Um Wandel zu erreichen, können demokratisch gewählte Staatschefs nicht davor zurückschrecken, mit autoritären Herrschern zu sprechen. Zuletzt dürften etwa die Telefonate von Kanzlerin Angela Merkel mit dem belarussischen Machthaber zur Entspannung an der EU-Ostgrenze beigetragen haben. In den Verlautbarungen der Bundesregierung wurde der Diktator danach aber lediglich als "Herr Lukaschenko" bezeichnet. Denn es geht bei solchen Gesprächen auch um die Wortwahl, den Stil, mithin: um eine gebührliche Distanz.

Darum hat sich Frankreichs Staatspräsident bei seinem Besuch in Saudi-Arabien nicht geschert. Beim Handschlag mit Kronprinz Mohammed bin Salman tätschelte Emmanuel Macron dem De-Facto-Herrscher den Arm. Eine Geste der Wärme und Wertschätzung für jemanden, dem die CIA anlastet, den Mord an dem Journalisten und Regime-Kritiker Jamal Khashoggi befohlen zu haben. Macron ist der erste westliche Staatschef, der seit dem Mord vor drei Jahren in das Königreich gereist ist. "Wir sind eine große Nation und müssen im Konzert der Großen mitspielen, so war es schon immer", sagte er und versicherte, dass er auch kritische Themen wie die saudische Beteiligung am Jemen-Krieg angesprochen habe. Über Khashoggi äußerte er sich nicht. Als Rechtfertigung für seinen Besuch nannte er vor allem die Situation im Libanon. Saudi-Arabien und andere Golfstaaten hatten vor Kurzem ihre Botschafter zurückbeordert und Sanktionen beschlossen. Macrons Versuche, den Libanesen nach der verheerenden Explosion in Beirut zu helfen, waren bisher gescheitert.

Bei seiner vierstündigen Visite erreichte er nun ein Telefonat mit bin Salman und Libanons Premier Nadschib Miqati. Im Gegenzug wurde dem Thronfolger der Eindruck vermittelt, wiederaufgenommen zu sein im Kreise des Westens. Um genau das zu vermeiden, hatte US-Präsident Joe Biden seit seinem Amtsantritt nur mit König Salman bin Abdulaziz kommuniziert, dem Vater von bin Salman.

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