Europäische Union:Ehrliche Blamage

Europäische Union: Vorne die Schornsteine des Kohlekraftwerks, dahinter ein Windrad: Energiegewinnung in Gelsenkirchen.

Vorne die Schornsteine des Kohlekraftwerks, dahinter ein Windrad: Energiegewinnung in Gelsenkirchen.

(Foto: Martin Meissner/AP)

In Straßburg fällt ein wichtiges Klimaschutz-Gesetz durch. Das ist bitter, zeigt aber nur, wie unglaublich schwierig und belastend solch ein Vorhaben ist.

Kommentar von Björn Finke

Das Abstimmungsergebnis ist eine Blamage für jene Abgeordneten, die das Gesetz vorbereitet haben. Es wird die Position des Europaparlaments schwächen, wenn es bald mit den EU-Regierungen über die Klimaschutz-Rechtsakte verhandelt. Aber zugleich ist dieses Ergebnis von Mittwoch einfach auch sehr ehrlich: Es spiegelt wider, wie unglaublich schwierig und belastend das Klimaschutz-Programm der EU ist. Das wiederum macht die Suche nach Kompromissen mühsam. Und deswegen fiel nun im Plenum des Europaparlaments ein Gesetz durch, über das die Abgeordneten zuvor über Monate verhandelt hatten. Ziel war es, eine breite Mehrheit für diese Reform des Emissionshandelssystems zu finden. Doch am Ende gab es gar keine Mehrheit, weil sich Grüne und Sozialdemokraten härtere Vorgaben gewünscht hatten.

Jetzt muss der Umweltausschuss einen neuen Kompromiss erarbeiten. Das wird die Verabschiedung des Gesetzes verzögern, aber dies ist nicht dramatisch, schließlich starten die Abgeordneten nicht bei Null. Ohnehin muss bei derart bedeutenden Vorhaben Umsicht vor Schnelligkeit gehen. Das Emissionshandelssystem ist das wichtigste Instrument der EU, um den Ausstoß an Treibhausgasen zu verringern: Kraftwerke und Fabriken müssen Verschmutzungsrechte vorweisen können, wenn sie Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen. Und die Zahl dieser Rechte sinkt. Das Gesetz soll den Mechanismus verschärfen, damit die EU ihre ehrgeizigen Klimaziele erreicht.

Zugleich darf dies nicht dazu führen, dass die Industrie aus Europa abwandert und ihre Klimagase dann in Ländern mit laxeren Standards herauspustet. Die richtige Balance zu finden, ist sehr schwierig. Aber genau für solche Aufgaben, für das Vermitteln und Abwägen zwischen widerstreitenden Interessen, gibt es ja die gewählten Vertreter der EU-Bürger, die Europaabgeordneten. Die Parlamentarier sind gescheitert mit ihrem ersten Versuch. Der zweite muss passen.

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