Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Embargo

Ein Begriff aus dem Spanischen, aus einem Krieg vor fast 500 Jahren.

Von Bastian Brinkmann

Es muss nicht immer gleich ein Schuss abgefeuert werden. Wirtschaftssanktionen sind zu Waffen des Kriegs geworden, wie der Historiker Nicholas Mulder in seinem soeben erschienenen Buch "The Economic Weapon" beschreibt. Die Regierung der Ukraine fordert von den europäischen Ländern, Öl und Gas aus Russland mit einem Embargo zu belegen - diese Rohstoffe also nicht mehr einzuführen. Erfunden wurde diese Art der Sanktion, als die Niederlande 1568 bis 1648 ihre Unabhängigkeit von Spanien, vom Haus Habsburg, erkämpften. Die spanische Krone ordnete damals an, feindliche Schiffe in Häfen zu beschlagnahmen. Das spanische Wort dafür ist embargar, daher der Name Embargo: Ohne Schiffe stoppt der Handel. Durchgesetzt wurde das Importverbot im sogenannten Achtzigjährigen Krieg allerdings nicht konsequent. Niederländische Händler fuhren weiterhin spanische Territorien an und konnten ihre Ware löschen. Weil die Reisen sich finanziell lohnten, galten sie zu Hause nicht als Verrat am niederländischen Unabhängigkeitsstreben. Der Historiker Mulder schlussfolgert, dass bei Sanktionen die Logik des Geldes im Widerspruch zur Logik des Krieges steht - und oft gewinnt das Geld. So auch 500 Jahre später: Die Bundesregierung lehnt ein Öl- und Gas-Embargo gegen Russland aus wirtschaftlichen Gründen ab.

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