Mathias Döpfner:Ein Feingeist ganz eigener Art

Freiheitspreis für Friede Springer

Mathias Döpfner, 58, steht seit 20 Jahren an der Spitze des Medienunternehmens Axel Springer.

(Foto: Frank Rumpenhorst/picture alliance/dpa)

Der Vorstandschef von Springer ist auch Präsident der Zeitungsverleger. Letzteres aber womöglich nur noch bis Mittwoch.

Von Caspar Busse

Vom "unruhigen Schlaf des Unternehmers" schwärmte Mathias Döpfner noch im vergangenen Jahr. Damals hatte er von Verlagserbin Friede Springer den Großteil der Macht im Medienunternehmen Axel Springer übernommen. Inzwischen sind die Zeiten für Döpfner aber ziemlich unruhig, ja stürmisch geworden. Am Mittwoch geht es sogar um seine Zukunft als Präsident des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Dann tagt nämlich in Berlin das Präsidium. Erstes Thema der Sitzung: Soll Döpfner, 58, oberster Lobbyist der Zeitungsbranche bleiben?

Vor wenigen Wochen war eine private Whatsapp-Nachricht des Mannes an den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre bekannt geworden. Mit Blick auf die Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung schrieb Döpfner, der später (im Zuge sexueller Beziehungen zu Mitarbeiterinnen) geschasste Bild-Chefredakteur Julian Reichelt sei "der letzte und einzige Journalist in Deutschland", der noch mutig "gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre, "fast alle anderen sind zu Propaganda-Assistenten geworden". Seitdem ist es sehr einsam um Döpfner geworden, viele Zeitungsverleger sehen ihre Branche verunglimpft und fordern seinen Rücktritt als BDZV-Präsident.

Er erfahre Kritik und auch Unterstützung, sagte Döpfner in der FAZ. Wenn die Mehrheit der BZDV-Mitglieder aber für einen Rücktritt sei, werde er das akzeptieren. Döpfner bat für die Äußerungen um Entschuldigung; Vertraute berichten aber, er werde um sein Ehrenamt kämpfen. Seit 2016 steht er an der Spitze des Verbandes, 2020 ist er einstimmig wiedergewählt worden, seine Amtszeit läuft noch bis September 2024. Sollte er abberufen werden, wofür einiges spricht, müsste eine außerordentliche Delegiertenversammlung einen Nachfolger wählen.

Er war erst Musikkritiker, schließlich wurde er Chef von Springer

Döpfner ist in der Medienbranche bewundert und umstritten wie kaum ein anderer. Er studierte Musikwissenschaft und Germanistik, von 1982 an arbeitete er für die FAZ zunächst als Musikkritiker, wechselte dann zu Gruner und Jahr, wo er erst die Wochenpost und dann die Hamburger Morgenpost führte. 1996 wurde er Chefredakteur der Springer-Zeitung Die Welt, 1999 wechselte er in den Vorstand, seit 2001 ist er Vorstandsvorsitzender von Axel Springer. Er baute das Unternehmen um wie kein anderer, kappte Traditionen, indem er Regionalzeitungen wie das Hamburger Abendblatt und die Berliner Morgenpost verkaufte sowie Zeitschriften wie Hörzu. Gleichzeitig expandierte Springer unter seiner Führung massiv in Internetgeschäfte, auch in solche, die mit Journalismus nichts zu tun haben. Vor zwei Jahren holte er den amerikanischen Finanzinvestor KKR als gleichberechtigten Partner an Bord, um international zu expandieren.

Döpfner sieht sich gerne als Feingeist, interessiert sich für Musik und sammelt moderne Kunst - und geriert sich als unkonventioneller Manager. "Als Musikwissenschaftler und Journalist war ich nie ein Mann des Systems", sagte er mal. Was man mit einem Musikwissenschaftler jedoch nicht unbedingt verbinden würde: dass er sehr lange an einem Chefredakteur festhielt, dessen journalistischer Kurs aus Herumschreien und Aufwiegeln bestand, und dessen internes Regiment zu wesentlichen Teilen aus Machtmissbrauch bestanden haben soll. Beim BDZV gab es auch vor den jüngsten Vorgängen immer wieder Kritik an Döpfner, etwa an dessen Deal mit Facebook: Eine Springer-Tochterfirma sollte auswählen, welche Zeitungsartikel deutsche Leser bei Facebook News zu sehen bekommen. Die Verlegerkollegen befürchteten, Springer werde womöglich Artikel von Bild und Welt bevorzugt dort platzieren. Döpfner bot an, auf den Deal zu verzichten. Derzeit ruht der Streit.

Bei Springer immerhin gibt es keine Rücktrittsforderungen. Wie auch? Seit dem vergangenen Jahr besitzt Döpfner 22 Prozent der Anteile und übt 45 Prozent der Stimmrechte aus. Friede Springer schätzt ihn und hat ihn zu ihrem De-facto-Erben gemacht - trotz allem.

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