Das Kalkül der russischen Regierung ist einigermaßen durchschaubar, dennoch wird es seine Wirkung entfalten: Einen Tag nachdem die deutsche Kommission für Zulassung und Aufsicht von Medienanstalten (ZAK) dem russischen Auslandssender RT DE untersagt hat, im Internet zu senden, entzieht Moskau den Mitarbeitern der Deutschen Welle in Russland die Akkreditierungen und schließt ihr Büro. Auge um Auge, Zahn um Zahn also? Der Kreml wird es gerne sehen, wenn sich dieses Narrativ nun in sozialen Medien und Telegram-Kanälen verbreitet.
Richtig ist, dass die Deutsche Welle (DW) sich genau wie das RT-Netzwerk in mehreren Sprachen an Publikum im Ausland wendet, richtig ist, dass beide Sender aus Steuermitteln finanziert werden. Da aber hören die Gemeinsamkeiten schon auf. RT verbreitet auf seinen Kanälen teils Propaganda, in Bezug auf die Corona-Pandemie auch Verschwörungsmythen (was die russischen Sender im Inland übrigens lieber unterlassen). Die journalistische Agenda des Senders wird einzig von der politischen Agenda des Kreml bestimmt - was das bedeutet, formulierte niemand besser als die RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan einmal selbst: Man führe einen Informationskrieg, "und zwar gegen die gesamte westliche Welt".

Auslandsberichterstattung:Russland verbietet die Deutsche Welle
Der Sender muss sein Büro in Moskau schließen, die Korrespondenten das Land verlassen. Damit reagiert die Regierung auf ein Sendeverbot für den russischen Staatssender in Deutschland. Die Deutsche Welle will gerichtlich gegen das Verbot vorgehen.
Auch die Deutsche Welle hat Leitlinien für ihre Berichterstattung, das ist richtig. Doch sie ergeben sich aus der demokratischen Grundordnung unseres Staates - in dem die Pressefreiheit ein zentrales Gut ist. Was sich in den momentanen Vorgängen auch widerspiegelt: Die ZAK hat RT DE die Ausstrahlung untersagt, weil dafür eine medienrechtliche Zulassung nötig ist - die aber hat RT DE nie beantragt. Seine Journalistinnen und Journalisten dürfen hier dennoch weiter arbeiten, dürfen Fragen stellen, die der deutschen Gesellschaft und der Bundesregierung unbequem sind. Die Schließung des DW-Büros in Moskau wurde aus politischen Motiven getroffen und vom Außenministerium bekannt gegeben. Nachfragen dazu? Unerwünscht.