Fusion:Es braucht keinen nationalen Banken-Champion, sondern einen europäischen

Durch die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank wäre ein internationaler Zwerg entstanden. Gut, dass daraus nichts wird. Die Banken sollten sich andere Partner suchen.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Man kann Produkte nur dann verkaufen, wenn man einen guten Ruf hat", sagte Alfred Herrhausen, der 1989 ermordete Chef der Deutschen Bank, einmal. Sein Satz, der noch aus der goldenen Zeit des Instituts stammt, beschreibt recht gut ein Problem, welches die Deutsche Bank seit zehn Jahren plagt. Sie hat ihren Ruf in der Finanzkrise und dem, was folgte, hinlänglich ruiniert: mit all den Fehlern, Skandalen, Prozessen und Milliardenstrafen. Deshalb hat die Bank in den vergangenen zehn Jahren auch überall dramatisch an Boden verloren - beim Geschäft, beim Marktanteil, beim Börsenwert.

Insofern erschien es auf den ersten Blick auch so verlockend, das größte deutsche Geldhaus mit dem zweitgrößten, der Commerzbank, zu verschmelzen und in einer Zeit, in der die Bankenwelt sich durch Fusionen und die Digitalisierung rasant verändert, wenigstens ein nationales Kreditinstitut von internationalem Rang zu erhalten.

Entstanden wäre allerdings nur ein internationaler Zwerg. Denn die Deutsche Bank ist weit entfernt vom einstigen Anspruch, zu den bedeutendsten Geldhäusern der Welt zu zählen; manche glauben zwar immer noch, dass sie dies sein könne - so wie viele Briten glauben, ihr Königreich könne wieder so erstarken wie in den besten Zeiten des Commonwealth. Noch schwächlicher ist die Commerzbank; sie hängt, nachdem sie in der Finanzkrise 2008 beinahe zusammengebrochen wäre, immer noch an der Hand des deutschen Staats.

Tatsächlich war die Idee sehr gewagt, aus zwei Schwachen könne ein Starker entstehen. Vorangetrieben wurde sie vor allem vom Miteigentümer der Commerzbank, der Bundesregierung in Berlin. SPD-Finanzminister Olaf Scholz und sein Staatssekretär Jörg Kukies, der mal Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs war, versuchten auf eine Art und Weise, wie man sie eher aus Frankreich gewohnt ist, nationale Konzernpolitik zu betreiben - und die Bankmanager in eine Fusion hineinzureden, von der diese nie voll überzeugt waren.

Die beiden Banken sind auf Dauer zu schwach, um allein zu bestehen

In monatelangen Gesprächen haben die beiden Banken nun herausgefunden, was schon vorher abzusehen war: dass sie sich zwar in manchen Bereichen unterscheiden, in vielen anderen aber zu sehr überschneiden, vor allem im Geschäft mit privaten Kunden. Hierbei wären letztlich nicht nur zwei Geldinstitute, sondern mit der einst ebenfalls staatlichen Postbank - welche die Deutsche Bank von 2009 an schrittweise übernommen, aber bis heute noch nicht richtig integriert hat - sogar drei verschmolzen worden: mit Tausenden Filialen und Zehntausenden Mitarbeitern, von denen man nach einer Fusion viele nicht mehr gebraucht hätte.

Richtig ist nur, dass die beiden größten Banken der Republik auf Dauer zu schwach sind, um allein zu bestehen - oder der Gefahr zu entgehen, von aggressiven Investoren übernommen und zerlegt zu werden. Besser wäre es aber von vornherein gewesen, nicht einen nationalen Banken-Champion zu schaffen, sondern einen europäischen. Institute aus Frankreich, Italien oder den Niederlanden haben ja bereits ihr Interesse an der Commerzbank signalisiert, auch die Deutsche Bank sollte sich einen europäischen Partner suchen. Aber diese Fusion sollten die Banken, bitte schön, selber angehen - ohne Politiker, die sie womöglich in die falsche Richtung drängen.

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Deutsche Bank und Commerzbank

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Aus einer Verschmelzung von Deutscher Bank und Commerzbank wird nichts. Besser wäre es aber von vornherein gewesen, mit einem europäischen Partner zu koalieren, kommentiert SZ-Autor Ulrich Schäfer.

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