Bundestagswahl:Söders Spiel

Bundestagswahl 2021: Statement von CSU-Chef Markus Söder

Spricht am Dienstagnachmittag auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel: der bayerische Ministerpräsident Markus Söder.

(Foto: Fabian Sommer/dpa)

Der plötzliche Schwenk des CSU-Chefs in der Koalitionsfrage zeigt, dass er von jetzt an alles dem Ziel unterordnet, in zwei Jahren die Landtagswahl in Bayern zu gewinnen. Ein Jamaika-Bündnis in Berlin wäre da nur hinderlich.

Kommentar von Peter Fahrenholz

CSU-Chef Markus Söder hat genau zwei Nächte gebraucht, um seine Strategie zu wechseln. Seine geradezu brutale Zerstörung der Jamaika-Träume von Armin Laschet hat aber nicht nur damit zu tun, dass er die politischen Realitäten schneller erkannt hat als dieser und den Sieg der SPD unumwunden einräumt.

Entscheidend ist, dass Söder nach ein paar Stunden Schlaf und vermutlich jeder Menge SMS-Botschaften aus der eigenen Partei mit seinem Manöver einen klaren Strategiewechsel eingeläutet hat, bei dem allenfalls der Zeitpunkt überraschend ist. Für die CSU zählt ab jetzt einzig und allein der Erfolg bei der bayerischen Landtagswahl in zwei Jahren. Dem wird alles andere untergeordnet.

Für die CSU waren Landtagswahlen schon immer am wichtigsten. Denn an ihnen hängt die Identität der CSU, ihr Alleinstellungsmerkmal als Regionalpartei, die wegen ihrer Dominanz in einem großen Bundesland auch bundespolitisch ein Faktor ist. Und eigentlich gehört zu dieser Dominanz auch die absolute Mehrheit, von der CSU jahrzehntelang in die Formel "50 plus X" gegossen.

Söder muss erst eine Wahl gewinnen

Ein Erfolg bei der nächsten Landtagswahl ist aber auch für Söder selbst politisch lebenswichtig. Er hat 2018, bei seiner ersten Wahl als Ministerpräsident, die absolute Mehrheit zumindest der Mandate verfehlt, die sein Parteifeind Horst Seehofer fünf Jahre zuvor noch zurückerobert hatte. Auch bei der Kommunalwahl vor einem Jahr schnitt die CSU vergleichsweise schwach ab. Und jetzt der Einbruch bei der Bundestagswahl, auch wenn er viel milder ausfiel als bei der Schwesterpartei: Eine vierte Schlappe, noch dazu bei einer Landtagswahl, würde Söder politisch schwer beschädigen. Sie wäre ein Beleg dafür, dass die CSU mit ihm an der Spitze offenbar keine Wahlen gewinnen kann.

Ein Jamaika-Bündnis in Berlin mit einem schwachen Kanzler Laschet, für dessen Entscheidungen die CSU immer in Mithaftung genommen würde, passt aber nicht in eine "Bayern first"-Strategie. Denn es sind ja gerade die konservativen Stammwähler, die der CSU den Rücken gekehrt haben, an der Parteibasis wird immer wieder eine zu starke Anbiederung an die Grünen beklagt.

Wäre die Union hingegen im Bund in der Opposition, könnte sich die CSU in Bayern nach Kräften gegen eine Ampelkoalition in Szene setzen. Söder hätte dafür ein historisches Vorbild. Als Edmund Stoiber 2002 hauchdünn gegen Gerhard Schröder verlor, hat er sich danach in Bayern als eine Art Gegenkanzler inszeniert und ist dafür ein Jahr später bei der Landtagswahl mit einer Zweidrittel-Mehrheit belohnt worden.

Stoiber, das schwierige Vorbild

Aber historische Vorbilder haben immer ihre Tücken. Zum einen war die CSU unter Stoiber noch viel stärker im Land verankert. Und zum anderen konnte Stoiber den Bundesrat zusammen mit anderen Unionsländern als Gegenbühne nutzen. Heute sitzt dagegen in jeder Landesregierung mindestens ein Partner einer künftigen Ampel-Regierung.

Bei den Liberalen, von denen Armin Laschet angeblich so starke Signale erhalten hat, hat man die neue Gemengelage bereits erkannt. Ein CDU-Chef, dessen rapider Autoritätsverfall für jeden sichtbar ist, und ein unkalkulierbarer CSU-Chef, der umso rücksichtsloser eigene Interessen verfolgen wird, je näher die bayerische Landtagswahl rückt - was soll daran für die FDP attraktiv sein, von den Grünen ganz zu schweigen? Nur Armin Laschet hat das noch nicht begriffen.

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