Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Durchgefallen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigt an, dass der Schulbetrieb im Herbst wieder im Wechselmodell stattfinden wird. Ein Albtraum für Kinder und Eltern. Nach anderthalb Jahren Pandemie kann man von der Politik bessere Antworten erwarten.

Von Angelika Slavik

Wie nebenbei verkündet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass es im Herbst keinen normalen Schulbetrieb geben soll. Die Schutzmaßnahmen müssten bleiben, sagt er, und meint nicht nur Testen und Lüften, sondern Maskenpflicht und Wechselunterricht. Die lässige Selbstverständlichkeit, mit der der Minister das vorträgt, ist bemerkenswert. Schließlich schien es zuletzt so, als habe die Politik verstanden, dass die Jüngsten in der Pandemie zu wenig beachtet wurden und normaler Schulbetrieb wichtigstes Ziel ist.

Für viele Kinder waren die vergangenen Monate eine psychische Belastung, für manche eine Zeit der Schutzlosigkeit. Gewalt gegen Kinder nahm zu. Auch viele, die ein liebevolles Elternhaus haben, erlitten Nachteile: kein Platz, keine guten Computer, eine andere Muttersprache. Es gibt viele Gründe, warum Homeschooling nicht klappt. Viele Nachteile, die Kinder erfahren haben, sind nur schwer, viele der Verletzungen gar nicht wiedergutzumachen.

Ein weiteres Schuljahr so bestreiten zu wollen, ist inakzeptabel. Dass es nach anderthalb Jahren Pandemie nicht in jeder Schulklasse Luftfilter gibt, ist unverständlich. Dass kein Impfstoff vorgehalten wird für Kinder, deren Eltern sie impfen lassen möchten, ebenso. Die Politik muss Schule im Herbst ermöglichen. Alles andere ist schlicht: ungenügend.

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