Weihnachten und Corona:Jeder Covid-Kranke ist einer zu viel

Coronavirus - Intensivstation im SRH Waldklinikum

Dem Virus keine Chance geben, Kontakte reduzieren: Die Zahl der belegten Intensivbetten steigt seit Wochen unaufhörlich an.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentral)

Alle sind gefordert, dem Virus keine Chance zu geben, indem sie Kontakte reduzieren - gerade auch an Weihnachten.

Kommentar von Christina Berndt

Unter den vielen Statistiken der Pandemie gehören die Kurven der Toten und der belegten Intensivbetten zweifellos zu den dramatischsten. Am Mittwoch wurde mit 962 Covid-Toten ein neuer Höchststand vermeldet, auch die Zahl der belegten Intensivbetten steigt seit Wochen unaufhörlich an.

Und wenn sich die Menschen über die Festtage nicht zusammenreißen, dann wird diese womöglich erst dann ein Plateau erreichen, wenn sie einfach nicht mehr weiter steigen kann. Weil schlicht und ergreifend keine Intensivbetten mehr da sind, die belegt werden könnten. Man mag sich gar nicht ausmalen, was das für die Kranken, ihre Angehörigen und die Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken bedeutet. Denn die Entscheidung darüber, wer leben darf und wer sterben muss, wird dann nicht mehr abzuwenden sein.

Dass diese Triage bald nötig sein würde, davor warnten am Dienstag erneut Deutschlands Intensivmediziner. Vor ein paar Tagen war noch einem Arzt aus Zittau widersprochen worden, der sagte, dass in seinem Krankenhaus dieser Zustand schon erreicht sei. Nun ist zu hören, dass die sächsische Stadt zum deutschen Bergamo wird. Weil das Krematorium mit dem Verbrennen der vielen Corona-Toten nicht hinterherkommt, werden die Leichen beim Hochwasserstützpunkt zwischengelagert.

Im November sind doppelt so viele Menschen in Zittau gestorben wie im vergangenen Jahr, im Dezember dürften es mehr als dreimal so viele werden. Auch wenn im Rest der Republik solche Zahlen noch nicht erreicht sind: Covid-19 ist ein Totmacher. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik sind so viele Menschen in so kurzer Zeit an einer einzigen Krankheit gestorben.

Dabei sind weder der Tod noch die Zahl der freien Intensivbetten das einzige Maß, um die Bedrohung durch diese Krankheit zu erfassen: Der Blick auf die Toten und Schwerstkranken allein ist ein verengter Blick, der von anderen ernsten - und viel zahlreicheren - Dramen der Pandemie ablenkt.

Es ist lange nicht alles gut, wenn die Intensivbetten noch reichen. Eine Intensivbehandlung kann Menschenleben retten, zweifellos, aber sie ist kein Garant für Gesundung. Jeder, der in einem Intensivbett landet, ist schon schrecklich krank geworden. Von denen, die nicht trotz der Intensivbehandlung versterben, werden viele nie wieder so gesund wie vor der Infektion mit Sars-CoV-2.

Die Garantie auf Rückkehr zur alten, körperlichen Normalität gibt es nicht einmal, wenn man nicht so schwer erkrankt. Die Krankheitslast durch Covid-19 ist unvorstellbar groß, das tritt bei der Diskussion über Tote und Intensivbetten zu sehr in den Hintergrund. Das ganze Ausmaß ist noch gar nicht bekannt, aber geschätzte zehn Prozent aller Covid-Patienten haben lange an den Folgen ihrer Erkrankung zu tragen, manche vielleicht ein Leben lang. Das bedeutet eine Last für die Menschen, die Gesellschaft und das Solidarsystem, die mit sehr, sehr vielen Bazookas nicht mehr gut zu machen ist.

So ermüdend es ist: Was es deshalb zu verhindern gilt, ist, dass so viele Menschen überhaupt krank werden. Wie das geht, weiß inzwischen jeder: Es gilt, Kontakte zu reduzieren und Infektionen zu verhindern - und das, auch wenn die offenbar besonders ansteckende neue Virusvariante B.1.1.17 hierzulande noch wenig umgeht und die Impfstoffe eine Verheißung für bessere Zeiten sind. Jeder Covid-Kranke ist einer zu viel.

Somit sind weiterhin alle gefordert, dem Virus keine Chance zu geben, indem sie Kontakte reduzieren - gerade auch an Weihnachten. Es geht um Solidarität, um Rücksichtnahme. Für die Alten geht es um ihr Leben. Für die Mittelalten geht es um ihre Gesundheit. Für die Jungen aber geht es um nichts weniger als die Zukunft. Um ein Leben in einem Land, das durch ein Virus droht, seine Moral und seine soziale Sicherung auf Dauer zu beschädigen. Das alles sind extrem gute Gründe, sich noch heute für ein ganz besonderes Weihnachten zu entscheiden, für ein Weihnachten allein zu Haus.

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