Süddeutsche Zeitung

Pandemiepolitik:Als wäre das Testen nur noch ein überflüssiger Luxus

Dass Bürgertests künftig kostenpflichtig sind, ist angesichts der Sommerwelle genau das falsche Signal. Dabei gäbe es einen Ausweg.

Von Angelika Slavik

Politik ist auch die Kunst, die richtige Botschaft auszusenden - allein deshalb ist die Entscheidung, Corona-Schnelltests künftig nicht mehr für alle Menschen kostenlos anzubieten, mehr als ärgerlich. Klar, drei Euro pro Test sind trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage für den Großteil der Menschen in Deutschland kein finanzielles Problem. Und ja, die Staatskasse kann Entlastung dringend brauchen. Aber angesichts der stärker werdenden Sommerwelle müsste das Signal der Politik an die Bürgerinnen und Bürger sein, sich eher öfter als seltener testen zu lassen.

Diese Pandemie ist, neben allen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen, auch eine kommunikative Herausforderung. Die epidemiologischen Notwendigkeiten ändern sich schnell, die Materie ist kompliziert. Gerade deshalb müssen die politischen Signale eindeutig sein. In der aktuellen Lage kann der Aufruf nur lauten, vorsichtig zu sein und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen - durch das freiwillige Tragen einer Maske, wo es sinnvoll ist, und durchs Testen. Die Bürgertests nun kostenpflichtig zu machen, signalisiert aber genau das Gegenteil: Es wirkt, als wäre Testen nun nur noch ein überflüssiger Luxus. Nicht mehr gedacht für normale Durchschnittsbürger.

Doch es gäbe eine Lösung für dieses Dilemma: Die Länder könnten sich bereit erklären, die anteiligen Kosten für ihre Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen. Denn die drei Euro Selbstbeteiligung sind das Ergebnis eines zähen Ringens zwischen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der die kostenlosen Tests gerne behalten hätte, und Bundesfinanzminister Christian Lindner, der das nicht mehr finanzieren wollte. Die Länder sind traditionell sehr kritisch mit den Entscheidungen des Bundes in Sachen Pandemiepolitik. Das ist die Gelegenheit zu zeigen, dass sie nicht nur meckern, sondern auch finanziell Verantwortung übernehmen. Das wäre eine sinnvolle Investition - und die richtige Botschaft.

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