Home-Office:Der Trick mit der Maske

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In Geschäften und auf dem Amt sind Masken Pflicht. (Foto: Robert Michael/dpa)

Das Kölner Arbeitsgericht entscheidet, dass ein Maskenverweigerer nicht einfach Home-Office fordern darf. Der Fall zeigt aber auch das ganze Elend eines in Teilen vor-digitalen Landes.

Kommentar von Detlef Esslinger

Manchmal offenbart sich ein größeres Problem in einer Angelegenheit, in der es eigentlich um etwas ganz anderes geht. In einer Gemeinde im Rheinischen meint die Verwaltung vermutlich gerade, von zwei Gerichten bestätigt worden zu sein - zunächst vom Arbeitsgericht Siegburg und sodann vom Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Ein Mitarbeiter dort erklärte es persönlich für unzumutbar, eine Mund-Nasen-Maske zu tragen und wollte sich deshalb ein Recht auf Arbeiten im Heimbüro erstreiten. Beide Instanzen lehnten die beantragte einstweilige Verfügung ab.

Unter Maskenverweigerern gibt es die Zornigen sowie diejenigen, die es auf die listige Art versuchen. In diesem Fall argumentierte der mittlerweile 53-jährige Mann, im Alter von 13 Jahren Opfer einer Straftat geworden zu sein. Die habe ihn traumatisiert, weshalb es ihm leider unmöglich sei, Maske oder Visier zu tragen. Okay, kann man ja mal versuchen so. Man sollte dann aber auch nicht völlig ausschließen, dass für Richter eine Frage naheliegend ist: Ob denn je versucht worden sei, mittels Psychotherapie das Trauma zu überwinden? Wer darauf mit "Nein" antworten muss, sollte nicht länger auf seine einstweilige Verfügung hoffen. Hätte das LAG sie ihm gewährt, wäre das erstens doch arg treuherzig gewesen. Und zweitens hätte es Querdenker im ganzen Land auf eine Idee gebracht, wie sie ihre Demos demnächst fortsetzen können: in Gestalt von Klagen vor den Arbeitsgerichten.

Das ganze Elend eines in Teilen vordigitalen Landes

Aber die Gerichtsentscheidung ist das eine. Das andere ist, was sie in Sachen Digitalisierung zutage gefördert hat. Das LAG zitiert in seiner Entscheidung "große Pläne" in dem rheinischen Rathaus und dem dortigen Bauamt, in dem der Kläger arbeitet - allerdings höchst analoge Pläne: "Es werden für die Arbeitsleistung teilweise große Pläne benutzt, die auf Kartentischen liegen und nicht digitalisiert sind." Sämtliche Bauakten dort seien Papierakten.

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Manchmal spiegelt sich das ganze Elend eines in Teilen vor-digitalen Landes in solch einer kleinen, unscheinbaren Feststellung. Oder sie spiegelt sich in einer Bemerkung wie der des Trigema-Inhabers Wolfgang Grupp. Er erklärte soeben, gäbe es einen gesetzlichen Anspruch auf Home-Office, "bräuchte ich garantiert 50 Prozent mehr Leute, weil die Effizienz leiden würde". Bis man "all diese" Videokonferenzen abgestimmt habe! Immer wieder ist es faszinierend zu beobachten, wie entschlossen manche Leute sind, vor aller Welt ihre Ahnungslosigkeit zu zelebrieren. Ob im Rathaus oder in der T-Shirt-Firma: Digitalisierung wird nach wie vor oft von jenen verhindert, die eine sehr spezielle Vorstellung von Effizienz haben - wen sie nicht jederzeit in Rufweite haben, den halten sie für faul und zauselig. Solche Chefs indes werden in den kommenden Jahren Probleme von einer Art bekommen, die kein Arbeitsgericht für sie lösen kann.

Was umgekehrt natürlich auch für manche Arbeitnehmer gilt. Sturköpfe gibt es auf allen Seiten. Wer behauptet, eine Maske nicht zu vertragen, seine Klage aber verliert, hat sich in eine relativ schwierige Lage gebracht. Im Grunde bleibt nur, Spontanheilung zu erklären - oder sich krank zu melden. Der Kläger von Siegburg hat sich für Letzteres entschieden, seit Oktober 2020 schon, längst bezieht er nur noch Krankengeld. Faszinierend ist immer wieder auch dies: wie viel manchen ihre Rechthaberei wert ist.

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