Sicherheitspolitik:Der neue Kalte Krieg

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Australien investiert in US-amerikanische nuklearbetriebene U-Boote wie dieses. Frankreich hat das Nachsehen. (Foto: Petty Officer 1st Class Michael B Zingaro/AP)

Ein neues Bündnis im Pazifik stellt sich gegen den chinesischen Vormarsch in der Region. Australien geht auf Konfrontation, die USA liefern U-Boote - und Frankreich zahlt einen bitteren Preis.

Kommentar von Stefan Kornelius

Selten hat ein Akronym die Welt verändert - dieses hier ist eine Ausnahme: Aukus setzt sich zusammen aus den Buchstabenkürzeln der Staaten Australien, Vereinigtes Königreich und USA. Das Sicherheitsbündnis der drei Staaten kommt nicht allzu überraschend - die USA basteln seit vielen Monaten an ihren pazifischen Allianzen. Dennoch hebt sich dieser Dreibund ab. Er übernimmt die Patenschaft für ein U-Boot-Geschäft, das die Machtbalance im Pazifik verschiebt und gleichzeitig am anderen Ende der Welt schweren Schaden anrichtet: in Europa.

Die Entscheidung Australiens zur Bewaffnung mit nuklear betriebenen (nicht nuklear bewaffneten) U-Booten aus amerikanischer Fertigung ist weit mehr als ein Rüstungsgeschäft. Aukus legt das Fundament für ein pazifisches Bündnis, wie es die Welt in dieser Intensität seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat. Die U-Boote sind für die Gegebenheiten gerade im Südchinesischen Meer taktisch klug gewählte Waffen, die vor allem eine politische Wirkung entfalten. Wer oben Seewege blockieren will, kann sich dabei nicht mehr sicher fühlen.

In dieser Rüstungsentscheidung liegt zunächst also kein Schaden, sondern vor allem eine politische Botschaft. China hat über Jahre massiv die Gewichte zu seinen Gunsten verschoben - fast bis zu einem Kipppunkt, der jede Gegenwehr oder Abschreckungsfähigkeit sinnlos machen würde. Die Aufrüstung im Südchinesischen Meer ist Chinas Werk, auch die massiven Drohungen gegenüber Taiwan oder den südlichen japanischen Inseln gehören dazu.

Die politische Botschaft hinter der Reaktion ist also eindeutig: Wir nehmen die Konfrontation an, es muss zu einem militärischen Patt kommen, nur so funktioniert Abschreckung, auf deren Basis hoffentlich ein politischer Ausgleich und Abrüstung verhandelt werden kann.

Für die EU und nebenbei auch für Deutschland ist dies ein blamabler Augenblick

Freilich fordert die Entscheidung einen Preis, der geradezu atemberaubend ist, und für den die USA eine Erklärung schuldig sind. Die Brüskierung Frankreichs - indem Australiens bestehender U-Boot-Vertrag mit Paris einfach weggewischt wurde - verursacht einen sicherheitspolitischen Schaden in der transatlantischen Allianz, der sich durch den Sicherheitsgewinn am Pazifik nicht ausgleichen lässt. Wie schon in Afghanistan informiert und verhandelt Washington nicht. Das ist keine Lappalie mehr.

Die Frage ist also, was mehr zu bewundern ist: Die glasklare Bereitschaft Australiens, sich an der Seite der USA in eine unauflösbare Konfrontation mit China zu begeben - trotz aller nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen; oder die Chuzpe, mit der die USA Frankreich als wichtigen Verbündeten in Europa vor den Kopf stoßen - dies auch noch am Tag der Veröffentlichung einer EU-Pazifik-Strategie, die Brüssels außenpolitische Ambitionen als Sandkastenspielerei entlarvt.

Für die EU und nebenbei auch für Deutschland ist dies ein blamabler Augenblick. Gerade haben die Chinesen der deutschen Fregatte Bayern einen Hafenbesuch in Shanghai verweigert. Der Besuch sollte ein kleiner Diener der Bundesregierung vor Peking sein, um im Gegenzug die Passage durch das Südchinesische Meer leichter rechtfertigen zu können. Jetzt muss Berlin die Fregatte ohne chinesische Fahrerlaubnis durch das Gewässer schicken. Neutralität lässt der neue Kalte Krieg kaum zu.

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