Taiwan:Die Strategie heißt Nationalismus

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Die Flaggen Chinas und des demokratischen Inselstaates Taiwan.

(Foto: imago images)

Droht zwischen China und Taiwan ein Krieg? Die Antwort ist eindeutig: Es kommt darauf an.

Kommentar von Lea Sahay

Eine neue Zeremonie zum chinesischen Nationalfeiertag soll das Entsenden von knapp 100 Kampfflugzeugen in die Luftraumüberwachungszone Taiwans sein. Es zeigt die Gesinnung eines Staates, wenn dieser seine Gründung mit einem Akt feiert, der andere Menschen terrorisiert.

Neu ist das Säbelrasseln Pekings nicht. Unter Chinas Präsidenten Xi Jinping sind die Kriegsdrohungen zur Routine geworden. Der Parteichef erhofft sich, die Vereinigung beider Länder zu einem Teil seines politischen Vermächtnisses zu machen. In Angesicht der Aggression erscheint es eine berechtigte Frage zu sein, ob zwischen Taiwan und China ein Krieg droht. Die Antwort ist jedoch eindeutig: Es kommt darauf an.

Es stimmt, das chinesische Militär ist in den vergangenen Jahrzehnten immer mächtiger geworden, ein Gleichgewicht zwischen beiden Staaten ist passé. Dennoch sollte die Fähigkeit Pekings, die Insel einnehmen zu können, nicht mit Chinas tatsächlicher Absicht verwechselt werden, dies auch zu tun.

Auch Deutschland steht in der Pflicht

Unstrittig ist, dass der Präsident die Gewaltfantasien gegen den Staat vor seiner Haustür nutzt, um seine Position im Land zu stärken. Während sich das Wohlstandsversprechen für immer weniger Menschen in China erfüllt, ist der Nationalismus ein bequemer Weg, Frustration zu kanalisieren. Permanent befeuert die Kommunistische Partei nun das Gefühl von mangelndem Respekt und einer Bedrohung aus dem Ausland. Dieses treibe die Unabhängigkeit Taiwans weiter voran, so heißt es.

Längst beschränken sich Pekings Aggressionen nicht auf Kampfjets, die in die Luftraumüberwachungszone eindringen. Die chinesische Regierung versucht, die Gesellschaft Taiwans mithilfe von Wahleinmischung, wirtschaftlichen Strafaktionen und Cyberangriffen zu zermürben. Dieses Verhalten sollte von der internationalen Gemeinschaft nicht toleriert werden. Im Umgang mit China gehört Taiwan ganz oben auf die politische Agenda. Gerade Deutschland steht in der Pflicht, die Demokratie zu unterstützen. Das passiert bisher noch zu wenig.

Dennoch sollten es sich die westlichen Staaten nicht zu einfach machen. Es gibt zwar Szenarien der Eskalation. Zugleich ist Peking sich aber darüber im Klaren, wie hoch die Kosten eines Krieges wären. Es droht nicht nur eine direkte militärische Auseinandersetzung mit den USA, sondern auch die internationale Isolation.

Der Westen muss die Provokationen verstehen - aber nicht nachahmen

Hinter Pekings ständigen Aggressionen steckt deshalb weniger eine durchdachte Strategie, die zwangsläufig auf eine Eskalation mit Taiwan abzielt. Die KP fühlt sich vielmehr getrieben von Aktionen aus dem Ausland, die sie - ob gerechtfertigt oder nicht - als Provokationen empfindet. Denn die Wahrheit ist: Peking provoziert, doch auch Washington stichelt. Dazu gehört die militärische Dauerpräsenz in den Gewässern vor China ebenso wie die jüngste Durchfahrt eines britischen Kriegsschiffs durch die Taiwanstraße.

Zwingend ist zudem ein Blick nach Taiwan. Viele Menschen können sich dort zwar eine Vereinigung nicht mehr vorstellen. Eine Mehrheit hat bei der letzten Wahl für eine größere Distanz zu Peking gestimmt. Das gilt jedoch nicht für alle Taiwaner, grundsätzlich ist das Interesse an Austausch immer noch groß. Die meisten Menschen hoffen, dass sich der Status quo halten lässt. Die Taiwan-Frage sollte deshalb auch hierzulande weniger lüstern und mit mehr Besonnenheit diskutiert werden. Es ist wichtig zu verstehen, warum Peking provoziert. Selbst so zu handeln, ist nicht der richtige Weg.

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