CDU:Ein Erlöser reicht nicht

Digitaler CDU-Bundesparteitag mit Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz

Norbert Röttgen und Friedrich Merz beim digitalen Bundesparteitag der CDU im Januar 2021.

(Foto: Michael Kappeler/picture alliance/dpa)

Solange die CDU nicht klärt, für was sie steht, wird auch ein neuer Vorsitzender nicht viel ändern. Die Zeit, in der die Partei ihre Defizite mit einer populären Kanzlerin kaschieren konnte, ist vorbei.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Die CDU schlage jetzt "ein neues Kapitel auf", hat Generalsekretär Paul Ziemiak gesagt. Und es ist tatsächlich eine Zäsur in der Geschichte der Partei. An diesem Dienstag wird die CDU-Spitze beschließen, dass es eine Mitgliederbefragung über den nächsten Vorsitzenden geben soll. Das Ergebnis der Befragung muss dann zwar noch von einem Parteitag bestätigt werden, aber de facto werden die 400 000 Mitglieder entscheiden, wer Nachfolger von Armin Laschet wird.

Gelöst sind die Probleme der CDU damit aber noch lange nicht. In den vergangenen Monaten wurde viel von einer Spaltung zwischen "der Basis" und "denen da oben" gesprochen. Und tatsächlich hatte zumindest die Kür des Kanzlerkandidaten Probleme offenbart: Viele von denen, die der Bundesvorstand repräsentieren soll, hatten sich vom Vorstand nicht mehr repräsentiert gefühlt. Die CDU-Spitze ist seitdem in einer Legitimationskrise. Mit der Mitgliederbefragung verschafft sich der nächste Vorsitzende zwar die nötige Anerkennung. Aber die eigentliche Arbeit wird für die Partei dann erst beginnen. Denn das Legitimationsproblem ist ja nur eines von vielen.

Das "Werkstattgespräch" zur Flüchtlingspolitik war eine löbliche Ausnahme

Die CDU solle nicht auf die Erscheinung eines Erlösers warten, denn die Erneuerung der Partei sei nicht nur Aufgabe des neuen Vorsitzenden, sagt Norbert Röttgen. Da hat der Mann natürlich recht. Egal ob er, Friedrich Merz oder ein Dritter der nächste CDU-Chef wird: Wenn die Union anschließend genauso zerstritten ist wie zuletzt, wird sie aus ihrem 24-Prozent-Tal nicht herauskommen.

Die CDU steht also nicht nur vor einem personellen Klärungsprozess, sie wird auch klären müssen, für welche Inhalte sie eigentlich steht. Denn die Partei hat es sich in den vergangenen Jahren viel zu einfach gemacht: Die meisten Debatten hat sie einfach nicht mehr ausgetragen. Kritik an widersprüchlichen Positionen wurde viel zu oft mit dem Hinweis vom Tisch gewischt, die CDU sei eine Volkspartei - da gebe es halt eine große Spannbreite an Positionen.

Ja, eine Volkspartei braucht ein breites Spektrum. Aber sie darf nicht beliebig werden. Eine löbliche Ausnahme war Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie hatte in ihrer Zeit als CDU-Chefin zu einem "Werkstattgespräch" über die Flüchtlingspolitik geladen. Die offene und ehrliche Debatte hat den Streit in der Union über das Thema lange weitgehend befriedet.

Die CDU braucht mehr Klarheit

In vielen anderen Bereichen stehen sich die Lager dagegen immer noch unversöhnlich gegenüber. Das gilt nicht nur für Randthemen, sondern auch für zentrale Zukunftsfragen wie die Energie-, die Umwelt- oder die Landwirtschaftspolitik. In der Union klingen die einen wie die Grünen, die anderen wie Vertreter des Bauernverbands und der Energieindustrie - einige fordern sogar die Verlängerung der AKW-Laufzeiten. In der Renten- und der Sozialpolitik, die die Lebenswirklichkeit von zig Millionen Bürgern unmittelbar betreffen, sieht es nicht anders aus. Die Wirtschaftspolitiker der CDU haben wegen der Pandemie die Aussetzung des Mindestlohns verlangt, der Arbeitnehmerflügel dagegen eine Erhöhung. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat einen Mindestlohn in Höhe von zwölf Euro versprochen - und mit dieser Klarheit gepunktet.

Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm dagegen alle Probleme umschifft und Klarheit vermieden. Solange die Partei aber nicht weiß, was sie will, wird sie keinen Boden unter die Füße bekommen. Denn die Zeit, in der sie ihre Defizite mit einer populären Kanzlerin kaschieren konnte, ist endgültig vorbei.

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