CDU:Der renovierte Bewerber

Friedrich Merz To Run For CDU Leadership

Im Hintergrund ein Slogan und Unterstützer auf Bildschirmen: Friedrich Merz am Dienstag bei seiner Präsentation.

(Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Friedrich Merz scheint aus seinen beiden gescheiterten Kandidaturen gelernt zu haben. Er spricht nun anders. Zum Teil jedenfalls.

Kommentar von Robert Roßmann

Mit Prognosen über die Chancen von Friedrich Merz sollte man sehr vorsichtig sein. Dem Ex-Unionsfraktionschef gelingt es regelmäßig, sich mit unbeherrschtem Verhalten selbst zu schaden. Er kann sich ansatzlos um eine gute Ausgangslage bringen. Legendär ist seine Attacke auf das "Partei-Establishment", das ihn angeblich als CDU-Chef verhindern wolle. Ein schönes Beispiel ist auch eine "Maischberger"-Sendung kurz vor der Wahl. Dort hatte Hubertus Heil dem Christdemokraten immer wieder das Wort im Mund umgedreht. Der Arbeitsminister trat beinahe unverschämt auf, aber Merz fiel nichts ein außer pampig und laut zu werden - und ging als Verlierer aus dem Studio. Anschließend haben sich viele gefragt, wie jemand mit derart geringer Impulskontrolle gegen Putin, Erdogan, Lukaschenko bestehen will.

Jetzt ist Merz aber das Gegenteil gelungen: Er hat nicht eine gute Ausgangslage versemmelt, sondern sich in eine exzellente Ausgangsposition gebracht. Seine Präsentation für den Parteivorsitz war überraschend gut. Und mit seinem Generalsekretär-Kandidaten ist ihm ein Coup gelungen. Merz hat offenbar verstanden, dass er es nicht im Alleingang an die Parteispitze schaffen wird. Und dass weder er noch die CDU mit einem ausschließlich wirtschaftsliberalen und konservativen Profil Erfolg haben werden.

Mit ihm werde es in der Union keinen Rechtsruck geben, hat Merz versprochen. Und er hat auf einmal die Bedeutung der Sozialpolitik herausgestellt. Bei der Bundestagswahl hatte die CDU auch deshalb so stark verloren, weil sie als kalt gegenüber den Nöten vieler Bürger wahrgenommen wurde. Um die anstehenden Landtagswahlen gewinnen zu können, müsse man das Thema soziale Gerechtigkeit stärker in den Fokus rücken, sagt Merz jetzt. So hatte man den ehemaligen Blackrock-Mann noch nicht sprechen hören.

In der Klimapolitik klingt er noch wie immer

Dazu passt, dass Merz ein Mitglied des Arbeitnehmerflügels, den ehemaligen Berliner Sozialsenator Mario Czaja, zum Generalsekretär machen will. Czaja war es bei der Bundestagswahl trotz des Einbruchs der CDU gelungen, der Linken im Osten Berlins einen Wahlkreis abzunehmen, den sie dreißig Jahre lang gewonnen hatten. Merz kommt aus dem Hochsauerland, Czaja kennt auch die Lebenswirklichkeit in Großstädten.

Um tatsächlich ein soziales Profil zu entwickeln, muss man natürlich deutlich konkreter werden, als Merz es jetzt wurde. Aber offenkundig hat Merz aus dem Scheitern seiner ersten beiden Bewerbungen gelernt. Er hat erkannt, dass es nicht reicht, nur das eigene Lager zu beglücken. Und dass man mit rüden Attacken auf die Kanzlerin - Merz hat das Erscheinungsbild ihrer Regierung schon mal als "grottenschlecht" verurteilt - mehr Stimmen in der Mitte verliert, als man rechts gewinnt. Allerdings muss sich Merz auch nicht mehr an Merkel abarbeiten: Die Kanzlerin ist in wenigen Wochen ganz von allein Geschichte.

Und zur Beruhigung all jener, die Merz mit seinem Auftritt zu sehr überrascht hat: Es gibt in vielen Bereichen durchaus noch den alten Merz. In der Klimapolitik klingt er noch wie immer. Eine Frau hat er nur als stellvertretende Generalsekretärin vorgesehen - einen Posten, den es bisher gar nicht gibt. Von einer Quote hält er weiterhin wenig. Und vielleicht stellt er sich ja auch diesmal wieder selber ein Bein. Deshalb ist Norbert Röttgen noch nicht aus dem Rennen.

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