Süddeutsche Zeitung

CDU und CSU:Ohne Stil und Respekt

Mit der Geschlossenheit, die die Saar-CDU jetzt eindrucksvoll bewiesen hat, ist es im Bund nicht weit her. Dort ist mittlerweile alles strittig. Die Union zerlegt sich selbst.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Es waren zwei Sätze, die man durchaus als Mahnung Richtung Berlin verstehen darf. Im Saarland gaben Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier bekannt, dass sie auf ihre Bundestagsmandate verzichten, um die Erneuerung der CDU zu erleichtern. Und Ministerpräsident Tobias Hans sagte bei der Gelegenheit: "Die Menschen wollen auch ein bisschen Haltung sehen." Es sei "Irrsinn, sich an einem Strohhalm festzuklammern".

Der Strohhalm, von dem Hans sprach, ist die Jamaika-Koalition, auf die CDU-Chef Armin Laschet immer noch hofft. Und die Haltung, die Kramp-Karrenbauer und Altmaier jetzt bewiesen haben, wünschen sich viele auch von den CDU-Granden in Berlin. Die Partei hat das mit Abstand schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren, aber bisher ist die komplette Parteispitze noch im Amt.

Auch mit der Geschlossenheit, die die Saar-CDU jetzt eindrucksvoll bewiesen hat, ist es im Bund nicht weit her. In der CDU ist inzwischen alles strittig: Der Kurs. Wer die Partei künftig führen soll. Und sogar das Verfahren, mit dem der nächste Vorsitzende bestimmt werden soll.

Laschet hat zwar angekündigt, sich um eine Konsenslösung bemühen zu wollen. An diesem Montag will er mit seiner Parteispitze zum ersten Mal darüber reden. Aber eine einvernehmliche Verständigung auf einen Nachfolger wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen über den künftigen Kurs der CDU, zu groß ist das Ego der möglichen Kandidaten. Und zu gewaltig ist der Wunsch der Parteimitglieder, diesmal einbezogen zu werden. Außerdem haben sie in der CDU schon länger den respektvollen Umgang miteinander verlernt.

Wenn die Christdemokraten keinen besseren Umgang miteinander finden, wird der nötige Neubeginn scheitern

Wegen ihrer Rückzugsankündigung ist Kramp-Karrenbauer jetzt mit Respektbekundungen aus der eigenen Partei überhäuft worden. Man stelle sich nur mal vor, die Saarländerin wäre schon in ihrer Zeit als Parteichefin in der CDU derart unterstützt worden. Stattdessen wurden ihr damals regelmäßig Knüppel zwischen die Beine geworfen - auch Laschet und die Kanzlerin waren ihr damals keine Hilfe.

Wenn die Christdemokraten keinen besseren Umgang miteinander finden, wird der nötige Neubeginn scheitern. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen CDU und CSU.

Es ist noch keine zwei Wochen her, dass Armin Laschet und Markus Söder eine Vereinbarung zur Fortsetzung der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU unterschrieben haben. Nach Lage der Dinge muss man sagen, dass die beiden Parteichefs damit eine Scheinehe eingegangen sind. Gleich im ersten Satz der Vereinbarung erklären Laschet und Söder, dass man sich wegen "gemeinsamer politischer Ziele" zusammenschließe. Doch von diesen gemeinsamen Zielen ist derzeit kaum etwas zu bemerken.

Das Jahr 2021 markiere einen Tiefpunkt im Verhältnis von CDU und CSU, der Umgang miteinander in den Wochen vor der Wahl sei "stillos, respektlos und streckenweise rüpelhaft" gewesen - das hat Friedrich Merz jetzt geschrieben. Damit hat er recht. Das einzig Unzutreffende an seiner Beschreibung ist: Der Umgang Söders mit Laschet ist immer noch stil- und respektlos.

Laschet hat nicht mehr die politische Kraft, um sich dagegen zu wehren. Die CDU ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um Söder Einhalt zu gebieten. Und in der CSU gibt es zwar fünf Parteivizes. Aber mit Ausnahme von Manfred Weber hat bisher niemand aus diesem Kreis den Mumm, Söder entgegenzutreten. Solange das so bleibt, bleibt es auch beim Spalt in der Union.

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