Laschet unter Druck:In diesem Zustand ist die CDU weder sondierungs- noch regierungsfähig

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Jeder Tag, den Laschet länger im Amt bleibt, lässt den Rückhalt der CDU in der Bevölkerung weiter schwinden. (Foto: Florian Gärtner/imago images/photothek)

Alle wissen, dass es bestenfalls dann eine Chance auf Jamaika gibt, wenn die Partei geschlossen auftritt. Doch vor der ersten Sondierung melden sich beinahe im Stundentakt CDU-Granden, die ihren Chef demontieren. Armin Laschets Zeit ist vorbei.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Armin Laschet sofort als CDU-Chef zurücktreten sollte, dann hat ihn die Partei jetzt selbst erbracht. Alle in der CDU wissen, dass es ohnehin nur eine winzige Chance auf eine Jamaika-Koalition gibt. Und dass man diese bestenfalls dann wird bilden können, wenn man geschlossen auftritt. Doch vor dem ersten Sondierungsgespräch am Sonntagabend meldeten sich beinahe im Stundentakt CDU-Granden mit kaum kaschierten Forderungen nach einem Wechsel an der Parteispitze zu Wort.

Jens Spahn, Friedrich Merz, Norbert Röttgen, Tilman Kuban und die anderen, die sich jetzt gemeldet haben, mögen unterschiedliche Vorstellungen über den künftigen Kurs der Union haben. Alle zusammen machten aber deutlich, dass sie nicht von einer Zukunft mit Laschet an der Spitze träumen - die Schwesterpartei in Bayern sowieso nicht. In diesem Zustand sind die beiden Unionsparteien weder sondierungs- noch regierungsfähig.

In sieben Ländern liegt die CDU nur noch auf Platz drei

Jahrzehntelang war die Union ein Kanzler- und Kanzlerin-Wahlverein. Wenn es um den Machterhalt ging, wurden Inhalte egal, parteiinterne Kontrahenten stellten ihre Auseinandersetzungen ein. Trotz des gnadenlosen Streits um die Flüchtlingspolitik machte die CSU Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2017 auch zu ihrer Kanzlerkandidatin. Weitergestritten wurde erst nach der Wahl. Doch diesmal ist alles anders. Und das, obwohl es für die CDU gerade um alles geht.

Die Partei ist am Wahlsonntag in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Sie ist ja nicht nur auf 18,9 Prozent abgestürzt. Die CDU liegt jetzt in sieben der 15 Bundesländer, in denen sie antritt, nur noch auf dem dritten Platz. Sie hat einen Bundesvorsitzenden, den keiner mehr haben will. Viele Landesverbände sind in einem desolaten Zustand. Und die Christdemokraten streiten heftig darüber, in welche Richtung sie marschieren sollen. "Die nächsten Wochen und Monate entscheiden über das Schicksal von CDU und CSU", hat Merz jetzt in einer Rundmail geschrieben. Das klingt übertrieben, ist aber richtig. Wenn die CDU nicht aufpasst, ist sie bald nur noch eine von vier oder fünf ähnlich großen Parteien. Die meisten anderen christdemokratischen Parteien in Europa haben diesen Weg bereits hinter sich.

Laschet sagt intern, er klebe nicht an seinem Amt, sondern wolle seiner Partei nur einen Dienst erweisen, indem er CDU-Chef bleibe, solange es noch eine Chance auf eine Jamaika-Koalition gebe. Selbst wenn man Laschet diese Selbstbeschreibung abnimmt: In der Praxis hilft er damit seiner Partei nicht, er schadet ihr sogar.

Niemand sollte mehr auf eine Jamaika-Koalition hoffen

Jeder Tag, den Laschet länger im Amt bleibt, lässt den Rückhalt der CDU in der Bevölkerung weiter schwinden. Und mit jedem weiteren Tag, an dem er nicht zurücktritt, verzögert Laschet den dringend nötigen Umbruch in der CDU. Außerdem sollte zum Wohle des Landes niemand auf eine Jamaika-Koalition hoffen. Sie wäre wegen des desolaten Zustands der CDU und des Streits zwischen den beiden Unionsparteien nur ein instabiles Viererbündnis.

Angesichts dieser Aussicht scheint inzwischen sogar der bisherige Jamaika-Verfechter Christian Lindner auf Distanz zur Union zu gehen. Der FDP-Chef wird die Jamaika-Option zwar vorerst nicht vom Tisch nehmen. Sie stärkt seine Verhandlungsposition. Am Ende dürfte Lindner die FDP aber in ein Bündnis mit SPD und Grünen führen. Dabei wird ihm die desolate CDU helfen - als Schreckgespenst, mit dem er skeptische Liberale in eine Ampel-Koalition treiben kann.

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