Bundesverfassungsgericht:Schlappe für die Krawall-Fraktion

Weil die anderen Parteien die Kandidaten der AfD für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten stets ablehnten, zogen die Rechtspopulisten nach Karlsruhe - und mussten dort lernen, wie Demokratie funktioniert.

Von Wolfgang Janisch

Seit fünf Jahren ist der Streit um den Posten des Bundestagsvizepräsidenten für die AfD zu einem Ritual geworden, das sie politisch instrumentalisiert. Ihre Kandidaten für das prestigeträchtige Amt werden zuverlässig von der Parlamentsmehrheit abgelehnt - was ihr Gelegenheit gibt, sich als ausgegrenzte Minderheit zu gerieren. Nun hat das Bundesverfassungsgericht das Gezerre endlich beendet und eine Klage der AfD abgewiesen.

Man sollte die Bedeutung des Richterspruchs für die parlamentarische Demokratie nicht unterschätzen. Denn beim Konflikt um den Vize geht es um weit mehr als um Postengerangel. Der Bundestag ist der zentrale Ort, an dem demokratische Anliegen verhandelt werden. Zugleich ist er das Schaufenster der Demokratie, in dem den Bürgerinnen und Bürgern vorgeführt wird, wie in der Republik Probleme gelöst werden - nämlich auf der Basis von Argumenten. Dabei darf es zwar heftig und auch polemisch zugehen, und wahrscheinlich wird manchmal auch Unsinn geredet. Aber letztlich stehen alle auf demselben demokratisch-deliberativen Grund.

Die AfD hingegen verwendet beträchtliche Energie darauf, diesen Prozess zu stören oder zu zerstören. Ziel ihrer Provokationen, mit denen sie Debatten torpediert, ist nicht die politische Lösung, sondern die parlamentarische Destruktion. Diese Entwicklung lässt sich beherrschen, solange die Bundestagspräsidentin und ihre Stellvertreter die Debatten mit der richtigen Mischung aus Diplomatie und Ordnungsrufen zu lenken vermögen. Dass die Mehrheit des Bundestags den Vertretern der AfD dies nicht zutraut, hat sich die krawallige Fraktion selbst zuzuschreiben. Es gehört zu den wichtigen Rechten gewählter Volksvertreter, ihre Bedingungen für parlamentarisches Arbeiten zu gewährleisten - das hat Karlsruhe zu Recht so entschieden.

Der Vizeposten bleibt für die AfD übrigens nach wie vor erreichbar. Sie muss nur dafür sorgen, dass ihre Parlamentarier für den Bundestag wählbar werden.

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