Wahlkampfauftakt von CDU und CSU:Pflichtbewusst für Laschet

Zentraler Wahlkampfauftakt von CDU und CSU

Gemeinsamer Auftritt: Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (li.) mit CSU-Chef Markus Söder

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Zum ersten Mal seit langem traten Angela Merkel, Armin Laschet und Markus Söder gemeinsam auf. Doch zum Leidwesen des Kanzlerkandidaten wurde daraus ein Wettbewerb darum, wer die beste Rede hält.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Es sollte der Tag werden, an dem sich die CDU wachrüttelt. Der Tag, an dem Armin Laschet den Wettbewerb ums Kanzleramt endlich mit aller Kraft aufnimmt. Und der Tag, an dem Angela Merkel und Markus Söder sich leidenschaftlich hinter ihren Kanzlerkandidaten stellen. Doch es wurde nur ein weiterer Tag, an dem sich die Probleme der Union offenbaren.

CDU und CSU hatten am Samstag zum Start ihres "heißen Wahlkampfs" nach Berlin geladen. Zum ersten Mal seit langem traten Merkel, Laschet und Söder gemeinsam auf. Doch zum Leidwesen Laschets wurde daraus vor allem ein Wettbewerb: Wer hält die beste Rede? Um es vorwegzunehmen: Der Kanzlerkandidat war es nicht.

Laschets Auftritt war zwar solide. Er warnte vor einem Linksruck in Deutschland. Und er sprach endlich auch Themen an, die Christdemokraten umtreiben, in den vergangenen Wochen aber zu kurz kamen: Die innere und die äußere Sicherheit, zum Beispiel. Oder die Steuerpolitik. Doch Laschet verlor sich zu sehr in Details. Es fehlten die eingängigen Botschaften. Wahlkampfreden müssen sich nicht anhören wie Auftritte beim politischen Aschermittwoch, aber mitreißen sollten sie schon.

Markus Söder muss man derlei nicht sagen. Sein Auftritt war pointierter, frecher, unterhaltsamer und kämpferischer als der von Laschet. In seiner Rede versprach Söder zwar, Laschet zu unterstützen. Doch mit seine Rede legte der CSU-Chef - wegen des unmittelbaren Vergleichs - die rhetorische Schwäche des Kanzlerkandidaten erst recht offen.

Auch Merkel war Laschet keine besonders große Hilfe. Die Kanzlerin sagte zwar, sie sei "zutiefst überzeugt", dass der CDU-Chef Kanzler werde. Und sie lobte, dass das C im Parteinamen für Laschet nicht irgendein Buchstabe sei, sondern ihm das Christliche in allem was er tue, der Kompass sei. Doch auf leidenschaftliche Appelle für Laschet wartete man beim Zuhören vergebens.

Und so ist die CDU nach diesem Wahlkampfauftakt in der selben Lage wie zuvor - und das ist keine gute Lage. Um ihre ganze Dramatik zu ermessen, reicht ein einziger Vergleich. Als Laschet im Januar zum CDU-Vorsitzenden gewählt wurde, lagen die Unionsparteien im ARD-Deutschlandtrend 21 Prozentpunkte vor der SPD. Im jüngsten Deutschlandtrend sind es nur noch zwei Punkte.

Im Januar dachten die Christdemokraten, es gehe bei der Bundestagswahl lediglich darum, wie man weiter regiert: in einer schwarz-grünen oder in einer Jamaika-Koalition. Inzwischen geht es darum, ob die CDU weiter regiert. Und ausgerechnet in dieser Situation agiert die Partei erstaunlich hilflos.

Die CDU hatte sich auf die Grünen als Hauptgegner eingestellt. Gegen deren Kandidatin Annalena Baerbock sollte die Erzählung helfen: Deutschland brauche einen erfahrenen Politiker an der Spitze - und keine Novizin. Doch jetzt ist auf einmal Scholz der Hauptgegner - und gegen den hilft eine solche Erzählung nicht. Scholz ist mindestens so erfahren wie Laschet.

Außerdem hatten sie in der CDU-Zentrale darauf gesetzt, dass Saskia Esken und Kevin Kühnert Wähler aus der politischen Mitte davor abschrecken würden, sich für Scholz zu entscheiden. Doch zum Erstaunen der Christdemokraten verhalten sich die SPD-Vorsitzende und ihr Stellvertreter diszipliniert. Von ihnen ist kaum etwas zu hören.

Dass Laschet in seiner Rede Kühnert mit dem Barden Troubadix aus den Asterix-Heften verglich, der wegen seines schrecklichen Gesangs gefesselt und geknebelt wird, war deshalb nicht lustig, sondern eher Ausfluss von Verzweiflung. In der CDU verstehen sie nicht, warum Scholz in der öffentlichen Wahrnehmung so wenig mit den Positionen von Esken und Kühnert verbunden wird. Und sie finden kein Mittel dagegen.

Warnungen vor der Ampel, die eher hilflos als kraftvoll sind

Aber nicht nur im Umgang mit Baerbock und Scholz ist die CDU Fehleinschätzungen erlegen. Auch Laschets monatelang extrem freundlicher Umgang mit der FDP stellt sich gerade als problematisch heraus. Seit die SPD die Grünen überholt hat, ist eine Ampelkoalition nicht nur rechnerisch, sondern auch politisch denkbar. Die Grüne Baerbock hätten die Liberalen niemals zur Kanzlerin gewählt, eine Wahl von Scholz hat die FDP dagegen nicht ausgeschlossen.

Diese Konstellation ist bereits jetzt eine Gefahr für die Union. Bürgerliche Wähler können sich bemüßigt fühlen, statt der CDU die FDP zu wählen, damit es in einer Ampelkoalition ein möglichst starkes Korrektiv zu SPD und Grünen gibt. Im Januar stand die FDP im Deutschlandtrend bei sieben Prozent, inzwischen kommt sie auf 13.

Am Samstag warnten Redner von CDU und CSU zwar, eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP sei ein "Experiment", das sich Deutschland in dieser schwierigen Lage nicht leisten könne. Aber auch das klang eher hilflos als kraftvoll.

Natürlich ist der Wahlkampf noch nicht entschieden. Die geplanten Trielle der drei Kanzlerkandidaten können viel bewegen. Aber die Briefwahl läuft schon. Und am Beispiel Baerbock sieht man, wie schwer es ist, einen Abwärtstrend zu stoppen.

Wenn Laschet und die CDU ihren Wahlkampf weiter so unbeholfen führen, ist alles möglich - sogar der Machtverlust. Söder hat das am Samstag erfrischend deutlich eingestanden. "Es ist knapp", sagte der CSU-Chef. Mit dem heutigen Tag müsse jeder kapieren, "dass es echt um alles geht".

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