Bundesregierung:Aufreizend langsam

Dass Olaf Scholz die Namen der SPD-Ministerinnen und Minister partout nicht nennen will, lässt nur einen Schluss zu.

Von Cerstin Gammelin

Zeit ist Macht. Das gilt insbesondere für Personalentscheidungen wie jetzt die Besetzung des Kabinetts des designierten Kanzlers Olaf Scholz. Der Sozialdemokrat lässt sich schon fast aufreizend viel Zeit, die künftigen Ministerinnen und Minister von der SPD zu benennen. Da helfen auch wenig überzeugende Hinweise nicht, wie etwa dieser: Der Zeitplan sei eben so vereinbart, und auch 2013 und 2018 seien die Namen erst nach der Abstimmung über den Koalitionsvertrag verkündet worden. Das Argument trägt nicht, denn damals ging es darum, in eine ungeliebte große Koalition als Juniorpartner zu gehen. Jetzt wird die SPD die Regierungsgeschäfte lenken.

Scholz hätte allen Grund, sein Kabinett zügig zu benennen - wenn er es denn wollte. Dass er es nicht tut, lässt darauf schließen, dass er wegen unerwarteter Personalien nicht die Abstimmung über den Koalitionsvertrag gefährden will. Die Namen sollen ja erst danach bekannt werden. Und, dass er andererseits die Hoffnungen jener vorerst nähren möchte, die das Fenster offen stehen haben, weil sie auf den Ruf aus Berlin warten. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass er seine Liste noch gar nicht fertig hat.

Scholz hat bei der Personalauswahl viele Interessen auszugleichen, die von Jungen, Altgedienten, regionalen Gruppen - und den Ostdeutschen, die ihm seinen Wahlsieg gesichert haben. Vor allem aber muss er sein Versprechen erfüllen, das Kabinett paritätisch zu besetzen. Seine Beinfreiheit bei der Personalauswahl ist also eingeschränkter, als ihm lieb sein dürfte. Doch jeder Tag, den er wartet, wachsen auch die Erwartungen gen Himmel. Vor allem bei der Benennung des künftigen Gesundheitsministers. Das Zögerliche bekommt schon ein Geschmäckle, wenn einerseits Gesundheitsexperte Karl Lauterbach als Gesicht der SPD in der Pandemie anerkannt ist, der angehende Kanzler aber offenlässt, ob und wie er Lauterbach einbinden wird.

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