Vor wenigen Tagen hat Robert Habeck den Begriff von der "Muss-weg-Opposition" erfunden. Der Vizekanzler kritisierte damit, keineswegs zu Unrecht, die Unionsfraktion für ihr ziemlich plumpes Gemaule über Habecks Gasumlage. So ganz allmählich formiert sich in Berlin aber auch eine Muss-weg-Koalition. Aus allen drei Ampel-Parteien kommen nun Signale, die darauf hindeuten, dass die unselige Umlage noch vor ihrer geplanten Einführung wieder abgeräumt wird. Es wäre wohl für alle Beteiligten das Beste. Die Koalition hätte ein Streitthema weniger und die Opposition vielleicht wieder ein bisschen mehr Zeit, sich konstruktiv in die Debatte einzubringen.
Nur das eigentliche Problem wäre nicht gelöst: Wo das Geld herkommen soll, um die strauchelnden Gasimporteure zu retten und damit beheizbare Wohnzimmer zu gewährleisten. Wenn es die Gaskunden nun doch nicht alleine bezahlen, dann bleibt es eben an allen Steuerzahlern hängen. In dem Maße, in dem die Gasumlage unwahrscheinlicher wird, sinkt also auch die Chance auf die Einhaltung der Schuldenbremse. Übersetzt ins politische Tagesgeschäft bedeutet das: Damit der grüne Wirtschaftsminister Habeck eine Sorge los wird, muss sich der liberale Finanzminister Christian Lindner eine aufhalsen.
Dass nun auch Lindner die Gasumlage öffentlich anzweifelt, ist aber sicher kein Ausweis einer neuen Freundschaftsphase zwischen den zwei verkrachten Kabinettskollegen. Während Habeck zuletzt rechtliche Bedenken an dem Projekt äußerte, stellt Lindner nun die "wirtschaftliche Sinnfrage". Er schiebt also, erstens, dem Wirtschaftsminister noch einmal explizit die Schuld an dem ganzen Desaster zu. Und zweitens dürfte sich Lindner die Exit-Strategie, die er Habeck hier anbietet, einiges kosten lassen. Es wird wohl auf einen Deal hinauslaufen: Die FDP bewegt sich bei der Schuldenbremse, wenn sich die Grünen bei der Atomkraft bewegen. Für Robert Habeck bahnt sich da schon die nächste Muss-weg-Diskussion an.