Brexit:Die Realität der anderen

Von Alexander Mühlauer

Im Kabinett von Boris Johnson gibt es kaum jemanden, der den Mut aufbringt, dem Premierminister den Spiegel vorzuhalten. Das liegt vor allem daran, dass Johnson seine Minister nach zwei Hauptkriterien ausgewählt hat: Sie müssen ihm gegenüber loyal sein und sich klar zum Brexit bekennen. Es ist ein Kabinett von Ja-Sagern.

Kein Wunder also, dass die Regierung noch immer stur behauptet, Großbritannien werde nach dem EU-Austritt wirtschaftlich prächtig gedeihen. Diese kollektive Realitätsverweigerung ist inzwischen so tief verankert, dass ein Scheitern der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit der EU von vielen in der Konservativen Partei geradezu sehnsüchtig erwartet wird.

Wie gut, dass es in dieser Lage eine Institution wie die Bank of England gibt. Deren Chef Andrew Bailey hat der Regierung nun öffentlich widersprochen. Ausgerechnet Bailey, der als Notenbanker einer gewissen Zurückhaltung verpflichtet ist, entlarvte die Brexit-Märchen der Regierung als das, was sie in Wahrheit sind: irreführend und verantwortungslos. Der Notenbanker machte klar, dass der langfristige wirtschaftliche Schaden eines No-Deal-Brexit größer wäre als jener der Corona-Pandemie. Zuvor hatte Johnsons Schatzkanzler das Gegenteil behauptet. Einfach so.

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