Türkei:Bidens schwierige Mission

Der US-Präsident bezeichnet das Massaker an den Armeniern als Völkermord. Und hat nun ein Problem.

Kommentar von Tomas Avenarius,

US-Präsident Joe Biden hat die osmanischen Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges als das bezeichnet, was sie nach Meinung der meisten nicht-türkischen Historiker sind: als Völkermord. In der Türkei ist das Wort "Genozid" aber ein Tabu. Das Massensterben der Armenier wird mit dem "Verrat" militanter armenischer Rebellen erklärt, der Tod von Hunderttausenden als "Tragödie" sowohl für die christlichen Armenier als auch die muslimische Türken verharmlost, der Völkermord seit 100 Jahren in der Essenz bestritten.

Bidens Klarstellung belastet nun das ohnehin schon miserable Verhältnis zwischen den USA und der Türkei: Weil Ankara russische Hightech-Waffen kauft, wirft Washington die Türken erzürnt aus dem Programm für das wichtigste westliche Kampfflugzeug der kommenden Jahrzehnte. Die Amerikaner unterstützen in Syrien Kurdenmilizen, die der türkischen PKK nahestehen - die Türken schäumen, denn sie führen in ihrem Land einen Antiterrorkampf gegen die militante PKK.

Sachlich hat Biden mit dem Wort vom Genozid fraglos recht. Politisch aber muss er die Türkei als Nato-Partner und Regionalmacht irgendwie dazu bringen, international nicht mehr bei jeder Gelegenheit querzutreiben. Hoffentlich weiß Joe "Klartext" Biden, wie er das hinkriegt.

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