Einzelhandel:Eigentum verpflichtet

Corona in Deutschland: Ein geschlossenes Geschäft

Das Rolltor eines Warenhauses bleibt geschlossen.

(Foto: Thomas Frey/picture alliance/dpa)

Händler und Gastronomen im Lockdown haben zu Recht weniger Miete gezahlt. Das BGH-Urteil stellt endlich klar: Wer eine gewerbliche Immobilie besitzt, muss einen Teil des Risikos mittragen.

Kommentar von Wolfgang Janisch

Manchmal ist es schon erstaunlich, wie schwer sich die Justiz damit tut, naheliegende Schlussfolgerungen zu ziehen. Das zentrale Argument des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Mietnachlass für Einzelhändler oder Gastronomen, die von einem Corona-Lockdown betroffen waren, liegt eigentlich auf der Hand: Das Risiko der Pandemie kann nicht allein den gewerblichen Mietern zugewiesen werden, sondern muss auch vom Vermieter mitgetragen werden. Das leuchtet unmittelbar ein. Trotzdem haben viele Gerichte der unteren Instanzen sich auf den bornierten Standpunkt gestellt, die behördlichen Betriebsschließungen gingen den Eigentümer des Ladenlokals nichts an - der Mieter könne es ja ungehindert nutzen. Selbst als Anfang des vergangenen Jahres gesetzlich nachjustiert wurde, hielten manche Gerichte an einer einseitig eigentümerfreundlichen Position fest.

Stur auf vermeintliche Ansprüche zu pochen, das ist unsolidarisch

Es ist daher gut und richtig, dass der BGH nun Klarheit geschaffen hat, zumindest im Grundsatz. Im Detail dürfte es zwar noch viel Streit über die Höhe der Mietkürzungen geben, weil der BGH im Sinne der Einzelfallgerechtigkeit beispielsweise staatliche Hilfen mit in die Berechnung der Kürzungsbeträge einbeziehen will. Noch komplizierter dürfte die Klärung der Frage werden, ob ein Händler seine Verluste hätte eingrenzen können, etwa, indem er das Online-Geschäft ankurbelt. In solchen Vorgaben des BGH steckt viel Arbeit für die Gerichte. Man kann nur hoffen, dass viele Prozesse durch einvernehmliche Vergleiche erledigt werden.

Aber jenseits der Einzelfragen lautet die Botschaft des BGH: Mit der Pandemie hat sich ein allgemeines Risiko verwirklicht, das die Eigentümer gewerblicher Immobilien mittragen müssen. Eigentum ist ein Grundpfeiler der Wirtschaftsordnung, aber oft wird es eben auch zum Fetisch verklärt. Stur auf die Ansprüche der Eigentümer zu pochen, während das Land unter der Pandemie ächzt, ist zutiefst unsolidarisch. Gut, dass der BGH dies korrigiert hat.

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