Berlin hat gewählt, und das Ergebnis drei Wochen danach macht einen etwas müde. So wie es aussieht, wird die Stadt weitere fünf Jahre von einer Linkskoalition regiert. Nur dass die Grünen nun die Zweitstärksten im Bündnis sind und die Stadt hauptamtlich von zwei Frauen geführt werden wird: von einer Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey und von Bettina Jarasch, der Spitzenkandidatin der Grünen. Das allein ist ja schon etwas. Doch anders als von der mutmaßlichen Ampel-Koalition im Bund geht vom Berliner Bündnis kein Glanz aus. Aufbruch sieht anders aus.
Es ist vor allem eine Niederlage für Franziska Giffey. Die SPD hat die Wahl mit dem Versprechen gewonnen, dass es mit einer Bürgermeisterin Giffey kein "Weiter so" geben werde. Dass nicht nur die linksliberale Innenstadt die Politik bestimmen werde, sondern auch die eher gesetzteren Randbezirke. Giffey hat auch keinen Hehl daraus gemacht, dass sie lieber mit der FDP als mit den Linken regieren würde. "Berlin Verlierende" statt Berlins Regierende titelte die Boulevardzeitung B.Z. bereits. Doch das ist voreilig.
Giffey ist eine pragmatische Politikerin, die ihre Möglichkeiten gut zu wägen weiß. Das hat sie zuletzt im Frühjahr bewiesen: Als ihr der Doktortitel aberkannt wurde, trat sie sofort als Bundesfamilienministerin zurück. Es war ihre beste Chance, nicht alles zu verlieren und noch Berlins Bürgermeisterin werden zu können.
Berlin muss zu einer funktionstüchtigen Metropole werden
So ist auch das Linksbündnis ihre beste Chance. Denn innerhalb der Berliner SPD wäre eine Koalition mit der FDP nur schwer durchzusetzen gewesen. Genauso wie bei den Grünen, an denen als Koalitionspartner aber kaum ein Weg vorbeiführt. Giffey hatte immer betont, ihr gehe es in einem Bündnis um die "ganz klare sozialdemokratische Handschrift". So gesehen hat sie sich die Linkskoalition jetzt teuer bezahlen lassen - das Sondierungspapier mit Grünen und Linken ist in vielen Punkten ein SPD-Papier.
Das Linksbündnis ist auch eine der besten Chancen für Berlin, zumindest theoretisch. Der noch amtierende Senat hat vieles angestoßen, das in der nächsten Legislatur Erfolge zeigen kann. Darunter vor allem die Verkehrspolitik, wo der Umbau hin zu einer fußgänger- und fahrradgerechteren Stadt nun Form annehmen könnte. Da die SPD vermutlich auch das Bauressort übernimmt, würde der Neubau von Wohnungen dann auch tatsächlich "Chefinnensache", wie Giffey es im Wahlkampf versprach.
Entscheidend für das Gelingen dieser Koalition wird aber sein, wie die drei Partner zusammenspielen. Wenn sie, wie in den vergangenen zwei Jahren, jeder Politik für die eigene Klientel betreiben, wird es eine müdes "Weiter so". Wenn sie aber gemeinsam daran arbeiten, Berlin zu einer funktionstüchtigen Metropole im Klimawandel zu machen - damit könnte diese Koalition sogar glänzen.