Bergkarabach:Lauter Verlierer

Russland hat aus dem Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien viele Vorteile gezogen - aber wird seiner Rolle als Vermittler nicht mehr gerecht.

Kommentar von Silke Bigalke

Vor knapp zwei Jahren verlor Russlands Bündnispartner Armenien einen Krieg. Damals musste es die Kontrolle über Bergkarabach an Aserbaidschan abgeben. Für Armenien war das eine Katastrophe, viele Armenier leben bis heute in der Region. Für Aserbaidschan, zu dem Bergkarabach völkerrechtlich gehört, war es ein Triumph. Und Moskau? Zog auch aus diesem Konflikt Vorteile für sich selbst. Die drohen sich nun aufzulösen, während die Kämpfe zwischen den beiden früheren Sowjetrepubliken neu aufflammen. Denn die sogenannte Schutzmacht Russland wird dieser Rolle nicht gerecht - schon gar nicht, während sie gleichzeitig einen eigenen Krieg führt.

Armenien gehört zu einem von Russland geschaffenen Verteidigungsbündnis und hatte 2020 zu Recht auf Beistand gehofft. Trotzdem vermittelte der Kreml erst nach dem aserbaidschanischen Sieg eine Art Friedensabkommen, schickte Friedenstruppen. Das reichte aus, um die eigene Vormachtstellung im Kaukasus zu unterstreichen, Armeniens Abhängigkeit zu vergrößern, sich mehr Einfluss in Aserbaidschan zu verschaffen. Damals lief für Moskau alles wie nach Plan.

Der Konflikt bleibt ungelöst und schwelt weiter

Jetzt aber zeigen sich die großen Lücken, die der Kreml in seiner Vermittlerrolle gelassen hat: Der Status der Armenier, die noch in Bergkarabach leben, ist ungeklärt. Die russischen Soldaten, die ihnen freies Geleit durch nun aserbaidschanisches Gebiet garantieren sollen, bleiben nur bis 2025 - und sind schon jetzt reduziert worden. Aserbaidschan wäre die Soldaten lieber früher los als später, Armenien dagegen hofft weiterhin auf russische Intervention zu seinen Gunsten. Der Konflikt ist ungelöst, immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Schusswechsel und Tote. Moskau hat dazu nie viel gesagt.

Nun könnte Russland vollends zur Enttäuschung für beide Seiten werden. Für die Armenier, die sich angesichts aserbaidschanischer Angriffe erneut im Stich gelassen fühlen. Für die Aserbaidschaner, die Moskaus Soldaten in Bergkarabach als feindliche Macht betrachten müssen. Sollten sie wirklich versuchen, weitere Gebiete zu erobern, hätte Moskau als Friedensvermittler endgültig versagt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: